Die Taschendiebin

Ein Waisenmädchen wird als Zofe ins Haus einer reichen Erbin geschickt, um einen perfiden Plan umzusetzen. Nach „Oldboy“ und „Stoker“ ist Park Chan-wook wieder ein visuell berauschendes Kinoerlebnis gelungen

Sookee (Kim Tae-ri) ist schön wie ein Bild, ein zartes Mädchen mit unschuldigen Rehaugen. Doch der erste Anschein ist trügerisch, denn Sookee ist eine ausgebildete Taschendiebin und zu allem bereit. So wird sie zur Helfershelferin bei einem teuflischen Plan: Sie soll als Kammerzofe in der Villa des exzentrischen Millionärs Kouzouki (Jo Jin-woong) das Vertrauen seiner Nichte Hideko (Kim Min-hee) erschleichen und alles dafür tun, dass Hideko sich in den Heiratsschwindler Fujiwara (Ha Jung-woo) verliebt. Nach der Hochzeit soll Hideko unter einem Vorwand für wahnsinnig erklärt werden und in der Psychiatrie verschwinden. Als Belohnung winkt Sookee Hidekos gesamter Schmuck. Doch dann verliebt sich Sookee in Hideko, und aus dem Plan entwickelt sich ein gefährliches Intrigenspiel, in dem es schließlich um Leben oder Tod geht.

Park Chan-wook verwebt aufs Kunstvollste die Romanvorlage, die im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts spielt, zu einem wundersamen, feinen Gespinst aus hypnotischen Bildern, die er in die Zeit der japanischen Besetzung Koreas in den 30er Jahren versetzt. Seine Geschichte besteht aus drei scharf voneinander abgegrenzten Teilen: Der erste Teil wird aus Sookees Blickwinkel erzählt. Im zweiten Teil steht Hideko im Vordergrund, im dritten ist es Fujiwara. Die Struktur wird zur Grundlage für eine Dramaturgie, die mit unterschiedlichen Erzählperspektiven spielt und sowohl die Sichtweise der Personen als auch des Publikums immer wieder in Frage stellt. Das passt natürlich hervorragend zu einer Story, die zahllose überraschende Wendungen bietet und von Täuschung und Betrug handelt, von betrogenen Betrügern und vom ungleichen Kampf der reinen Unschuld gegen das Böse. Die beiden Darstellerinnen verkörpern ihre Rollen ideal: Kim Tae-ri macht aus Sookee ein wissbegieriges kleines Luder, eher bauernschlau als intelligent, opportunistisch und sehr schweigsam. Die ideale Komplizin für den aalglatten Grafen, den Ha Jung-Woo als aalglatten, gewissenlosen Verführer anlegt. Jo Jin-woong macht aus dem Onkel einen glücklicherweise meist nicht offenkundigen Sadisten, der von Qualen eher spricht, als dass er sie auslebt. Allerdings nicht durchgängig – empfindsame Kinogäste sollten sich auf einen sehr intensiven Schluss vorbereiten. Am meisten beeindruckt Kim Min-hee als Hideko. Obwohl schon Mitte 30, wirkt sie wie ein junges Mädchen; ihre Unschuld ist ebenso überzeugend, wie das Wissen um die grausamen Taten des Onkels, das wie ein Nebel aus Trauer und Resignation über ihren schönen Augen liegt.

Südkorea 2016
Regie: Park Chan-wook
Drehbuch: Park Chan-wook, Chung Seo-kyung (nach dem Roman „Fingersmith“ von Sarah Waters, deutscher Titel: „Solange du lügst“)
Bildgestaltung: Chung-hoon Chung
Originalmusik: Yeong-wook Jo
Darsteller: Kim Min-hee, Kim Tae-ri, Ha Jung-woo, Cho Jin-woong, Kim Hae-sook, Moon So-ri
145 Minuten

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