Empörung

Ein 19-jähriger gerät während des Jura-Studiums in eine moralische Zwickmühle. Gesellschaftsdrama, das die Ohnmacht eines von Logan Lerman sehr nuancenreich gespielten Heranwachsenden gegenüber der engstirnigen McCarthy-Prüderie seziert.

Bevor James Schmaus den altmodischen Titel „Empörung“ leinwandfüllend einblendet, blickt eine ältere Dame, die im Altersheim Pillen bekommen hat, anklagend in die Kamera. Von ihrem Schicksal und dem des jungen US-Soldaten, der in der zweiten Szene im Koreakrieg über Leben und Tod philosophiert, handelt die folgende Rückblende. Gesellschaftliche Zwänge und (elterliche) Erwartungen, Rebellentum und misslungene Anpassung sind die Eckpfeiler des schonungslosen Dramas, das Schamus präzise entwickelt. Im Jahr 1955 zieht der 19-jährige Marcus Messner (Logan Lerman) von seinem jüdischen Elternhaus in New Jersey in die Kleinstadt Winesburg in Ohio, um Jura zu studieren. Bis zum Obersten Gerichtshof kann es der Musterschüler schaffen, da sind sich alle einig: Die Kommilitonen vom College nennen ihn den „Gelehrten“, seine Mutter (Linda Emond) lobt ihn als „Sohn, der alles richtig macht“. Doch der Vater (Danny Burstein) sorgt sich um Marcus, denn wenn dieser sein Stipendium verlieren würde, müsste er zum Militärdienst im Koreakrieg antreten. Entsprechend konform verhält sich Marcus am College, bis er die Mitstudentin Olivia Hutton (Sarah Gadon) zu einem Date einlädt und sich geradewegs in eine moralische Zwickmühle manövriert.

Seine Herkunft als Drehbuchautor merkt man dem Inszenierungsstil von James Schamus an. Der Fokus liegt auf den geschliffenen Dialogen, die schon die Literaturvorlage auszeichneten. Eine Schlüsselszene ist ein langes Rededuell zwischen Marcus und Dean Caudwell, bei dem der Dekan konstatiert: „Ich mag ihre Satzstruktur, die Intention.“ Schamus hat keinen Film inszeniert, der Pirouetten mit der filmischen Form dreht, sondern ein schwelendes Drama mit übersichtlichen Schuss-Gegenschuss-Situationen, akkuratem Produktionsdesign und einer konventionellen Montage. Manches verbleibt in Andeutungen, flackert nur in Blicken auf, anderes wird glasklar ausgesprochen. Jede Dialogzeile, jede Handlung ist mit Bedeutung aufgeladen und lenkt die Konzentration auf die Dialoge und Schauspieler.

USA, China 2016
Regie: James Schamus
Drehbuch: James Schamus nach dem Roman von Philip Roth
Darsteller: Logan Lerman, Sarah Gadon, Tracy Letts, Linda Emond, Melanie Blake Roth, Ben Rosenfield, Tijuana Ricks
110 Minuten
ab 12 Jahren

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