Die Frau im Mond - Erinnerung an die Liebe

Gefangen in einer lieblosen Ehe, scheint eine junge Frau endlich das große Glück zu finden.
Marion Cotillard begeistert in dem für acht Césars nominierten Drama als eine von unerfüllten Leidenschaften und Sehnsüchten erdrückte Frau.

Ein Peugeot 404 fährt durch die Provinz, sein Ziel ist Lyon. Im Auto sitzen ein Mann, seine Frau und ihr Sohn, der zum Vorspiel bei einem Klavierwettbewerb eingeladen ist. Als es in den Altstadtgassen der Rhonestadt wegen eines den Weg blockierenden Lieferwagens nicht weitergeht, entdeckt die Frau ein Straßenschild, das offenbar Erinnerungen weckt. Welche, das fächert Nicole Garcias Drama nun auf. Zunächst freilich wird noch kurz umrissen, wer die Frau und der Mann in dieser in den 1950er und 60er Jahren spielenden Geschichte eigentlich sind. Gabrielles Erinnerungsrückblende vorangestellt ist also noch ein Blick zurück in ihre Jugend, als sie sich in einen verheirateten Lehrer verliebt hat und seine Ermunterung, Emily Brontës „Stürmische Höhen“ zu lesen, als Beweis auch seiner Liebe missdeutete. Auf einem Dorffest macht sie ihm Avancen und sich zum Gespött, die Eltern drohen mit der Einweisung in eine Anstalt. Letztlich bewahrt sie aber die Heirat mit dem aus dem spanischen Exil stammenden Arbeiter José vor diesem Schicksal. Als ein Arzt bei ihr die „Steinkrankheit“ diagnostiziert, reist sie zur Kur in die Schweizer Alpen – und lernt dort einen verletzt und krank aus dem Indochina-Krieg zurückgekehrten Soldaten kennen...

Marion Cotillard war für Regisseurin Nicole Garcia die Idealbesetzung für die Rolle der Gabrielle. Um mit ihr drehen zu können, hat sie gewartet, bis die Oscar-Preisträgerin („La vie en rose“) ihre Übersee-Filmprojekte („Allied: Vertraute Fremde“, „Assassin’s Creed“ und „Einfach das Ende der Welt“) abgedreht hatte. Ihre Gabrielle ist eine Frau, die ihren Schmerz in sich hineinfrisst, die sich nach außen verschließt und unnahbar bleibt – so entrückt und verschleiert wie der Mond am Himmel. Cotillard zeigt, dass sie mit dieser Situation einer unangepassten, ihren eigenen Weg gehenden und sich in ihre eigene Welt zurückziehenden Frau umzugehen weiß. Auch über die Musik – insbesondere einem Klavierstück aus Tschaikowskys Jahreszeitenzyklus – lässt sich ihr Seelenzustand gut beschreiben. Ihr Mann, zurückhaltend gespielt vom Deutsch-Spanier Alex Brendemühl, akzeptiert diese Verschlossenheit. Nur ein einziges Mal kann er sich nicht beherrschen und fährt aus seiner Haut. Ansonsten bleibt dieses farbentsättigte Melodram sachlich und kühl, lebt vom Kampf der Figuren und ihrem eher schweigsamen Ringen ihrer zwischen Liebe und Vernunft schwankenden Überlegungen – und ist gerade deshalb umso berührender, weil es damit das Dilemma der in sich und an sich leidenden Figuren so treffend beschreibt.

Frankreich 2016
Regie: Nicole Garcia
Darsteller: Marion Cotillard, Louis Garrel, Àlex Brendemühl
121 Minuten
ab 6 Jahren

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