Ein Tag wie kein anderer

Um den Schmerz über den Tod seines Sohnes zu lindern, konsumiert er dessen Cannabis-Vorräte, wodurch sich dem notorischen Griesgram ganz neue Welten eröffnen. Stimmige Figuren, starke Schauspieler sowie ein gutes Händchen für Situationskomik machen aus dem bitteren Stoff eine bewegende Tragikomödie der gelungenen Art

Wer Sorgen hat, hat auch Likör. Weil Eyal besonders große Sorgen hat, hofft er auf die beruhigende Wirkung von Cannabis. Sein Sohn bekam es als Schmerzmittel von den Ärzten im Hospiz. Nachdem der 25-Jährige dem Krebsleiden erlegen ist, findet der Vater durch Zufall dessen Marihuana-Vorrat. Für ihn der Strohhalm, seinen großen Schmerz ein wenig erträglich zu machen. Schließlich scheitert der Alte kläglich daran, sich das Tütchen zu drehen. Die einzige Hoffnung wäre Zooler, der Sohn der Nachbarn – mit denen liegt die Familie freilich schon länger im Streit. Der Wille zum Kiffen versetzt die Berge von Stolz. Der junge Nachbar bringt den alten Griesgram mit seiner Fröhlichkeit schließlich erfolgreich auf andere Gedanken. Von der wunderbaren Freundschaft des ungleichen Duos sind nicht alle begeistert „Kannst du aufhören, mit meinem Sohn herumzuhängen!“, meckert der Nachbar, mit dem seit langem nicht mehr gut Kirschen essen ist.

Der alte Kauz und der junge Freak, diese Mischung sorgen für reichlich Konfliktpotenzial und nicht minder viele Möglichkeiten für lakonische Situationskomik. „Die Vermischung des Traumatischen mit dem Absurden“, beschreibt Regisseur Asaph Polonsky sein Ziel, wobei er sich auf überzeugende Darsteller verlassen kann. Allen voran Shai Avivi, der den störrischen Griesgram derart feinfühlig gibt, dass die anfängliche Antipathie sich alsbald in verständnisvolles Mitgefühl verwandelt. Besonders eindrucksvoll gelingt das bei einer Schlüsselszene am Friedhof. Weil er eine Frist versäumt hat, wurde das Grab neben dem Sohn nicht wie geplant für die Eltern reserviert, sondern an andere Leute vergeben. Der tobende Eyal reißt cholerisch das neue Namensschild aus der Erde. Zufällig wird er Zeuge der bewegenden Grabrede für die fremde Verstorbene. Damit tauchen plötzlich all die Erinnerungen an die eigene, verdrängte Trauer auf. Eine Montage mit geschnittener Rückblende visualisiert raffiniert den emotionalen Schock, den der Tod des Sohnes ausgelöst hat. Wiederum gelingt die heikle Balance der Gefühle perfekt, dem großen Schmerz dieser Sequenz folgt sofort eine komische Szene als Ausgleich. So wird aus dem bitteren Stoff über Krebs und Tod eine bewegende Tragikomödie der gelungenen Art. Humor erweist sich einmal mehr als taugliches Mittel, mit tragischen Themen umzugehen.

Israel 2016
Regie: Asaph Polonsky
Darsteller: Shai Avivi, Evgenia Dodina, Tomer Kapon, Sharon Alexander, Uri Gavriel
98 Minuten
ab 6 Jahren

Bild

Spielzeiten: