Axolotl Overkill

Tragikomödie nach Helene Hegemanns Roman, in dessen Mittelpunkt die 16jährige Mifti steht, souverän gespielt von Ausnahmetalent Jasna Fritzi Bauer

Mifti (Jasna Fritzi Bauer) ist 16, sieht aus wie 12, verhält sich wie Mitte 30 und lebt seit dem Tod ihrer Mutter mit ihren Halbgeschwistern in einer Berliner WG. Ihr Vater hält Terrorismus für einen zeitgemäßen Karrierezweig und interessiert sich eher für Kunst als für Menschen; zur Schule gehen macht in diesem Setting weniger Sinn als sein Leben zwischen Parties, Drogen, Affären und Küchentischpolemiken zu verbringen. Sie ist wild, traurig, vernünftig und verliebt. Die Erwachsenen, auf die sie trifft, sind dagegen nur eines: verzweifelt. Entweder, weil bald die Welt untergeht, oder weil sie nicht wissen, was sie anziehen sollen. Also muss Mifti selbst erwachsen werden, auf die eine oder andere Weise.

Helene Hegemann über ihren Film:
„Der Axolotl ist ein mexikanischer Schwanzlurch, der sein Leben lang im Larvenstadium verharrt. Er metamorphosiert nicht, also wird er nicht erwachsen. Er stellt durch anpassungsfähige Zellen schwer verletzte Organe und Gliedmaßen vollständig wieder her, ohne dass Forscher die Mechanismen dieser Regeneration erklären können. In „Axolotl Overkill“ geht es nicht um eine bestimmte Generation oder gar um eine Grenze zwischen Generationen – es geht um die Auflösung von Grenzen. Zwischen Geschlechtern, zwischen Arm und Reich, Alt und Jung. Mifti ist 16 und ein Mädchen, das sich bewusst gegen gesellschaftliche Standards wehrt. Sie ist nicht devot, sondern der unmoralische, tragikomische Trottel, den in Filmen eigentlich immer nur Männer spielen dürfen. Sie hängt mit Leuten herum, die genau so funktionieren wie sie und sich von vorgegebenen Strukturen befreit haben und in dieser Freiheit jetzt auf der Suche nach Liebe und Identität jenseits der biologischen Festlegung und nach Vertrauen und Geborgenheit jenseits von herkömmlichen Regeln der Moral sind. Diese Suche ist das gemeinsame Biotop von charakterlich völlig unterschiedlichen Leuten. Sie spielen mit Knarren und feiern unprätentiös und ein bisschen lebensmüde die Kompliziertheit ihrer Freiheit ab. Die Figuren aus „Axolotl Roadkill“ haben mich nie losgelassen, ich sie auch nicht, und sowohl ihnen als auch mir jetzt eine Plattform bieten zu können, auf der man ihre Beweggründe, ihre Existenzen aus einem anderen Blickwinkel auffächert, ist ein sehr interessantes Experiment über Form, Inhalt und Entwicklung. Wie wird man erwachsen in einer Welt, die das Altwerden verachtet? Und warum ist der Wahnsinn der Liebe für Erwachsene so nebensächlich? Ist das erwachsen? Dass man die reine Liebe für nichts als Zeitverschwendung hält? Es gibt noch etwas anderes, als im System zu funktionieren. Für Teenager. Und für Filmemacher.“

Deutschland 2017
Regie: Helene Hegemann
Darsteller: Jasna Fritzi Bauer, Arly Jover, Mavie Hörbiger
94 Minuten
ab 12 Jahren

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