Dries

Fesselnder Fashion-Dokumentarfilm über Dries van Noten, dem Modepoet, der mit seinen Kollektionen Geschichten erzählen will. Der spannende Blick hinter die Kulissen ist auch eine Feier der perfekten Handwerkskunst.

Ein weicher, grüner Teppich, der an eine Wiese erinnert, verschluckt das Klonk-Klonk der Schuhe auf dem Laufsteg. Bedächtig, wie über Moos, bewegen sich die Models im Saal des Pariser Grand Palais darauf. Vogelgezwitscher ertönt im Hintergrund. Am Ende lassen sich die Frauen langsam auf dem Teppich nieder. Es ist minutenlang ruhig, wie in einem Zen-Kloster. Der verzauberte Moment eines Sommernachtstraums. Und das am ersten Tag der Fashion Week in Paris, an dem die Zuschauer völlig gestresst sind. Modepoet Dries van Noten schuf ihn mit seiner ihm eigenen Mischung aus Performance und Theater bei seiner Sommerkollektion 2015. Eine sinnliche Sequenz, die sich gleich zu Beginn der fesselnden Fashion-Doku einprägt. Zum ersten Mal erlaubt der flämische Mode-Künstler einen filmischen Einblick in den kreativen Prozess seiner Arbeit und verrät seine Inspirationsquellen. Ein ganzes Jahr lang begleitet Regisseur und Kameramann Reiner Holzemer die Entstehung vier neuer Kollektionen.

Sensibel und respektvoll nähert er sich dem Künstler der „Antwerp Six“, der sich seit fast 30 Jahren unabhängig und frei in einer globalisierten Modewelt behauptet und Maßstäbe setzt. „Ich möchte keine kurzlebigen Produkte herstellen“, betont er. Einst hatte der Avantgardist maßgeblichen Anteil daran, Belgien und seine Heimatstadt Antwerpen auf die Landkarte der internationalen Modewelt zu katapultieren. Im Gespräch erinnert er sich an diese turbulente Zeit als er mit den „Antwerp Six“ Furore machte. Dries, der auf Fotos aus dieser Zeit bereits akkurat wirkt, ist der Gemäßigtste unter ihnen. Heute befindet sich sein Atelier unter dem Dach des hohen Lagerhauses am Godefriduskaai. Ein Blick aus diesen Fenstern weitet den Horizont. Van Notens Kollektionen sind immer auch eine Ode an die Handarbeit und Handwerkskunst. Und so zeigt die Doku seine Angestellten in einer indischen Stickerei nahe Kolkata. „Ich möchte sicher gehen, dass sie jede Saison genug Arbeit haben, um überleben zu können“, sagt Dries. Schon allein deshalb finden sich in jeder seiner Kollektionen feinste Paillettenstickereien. Für jeden, der sich für Mode und das Geheimnis kreativer Prozesse interessiert, ist die informative Doku Gold wert. Nicht umsonst schwärmt die extravagante Stilikone Iris Apfel von dem belgischen Ausnahmedesigner als „seltenen Schatz“, den es zu hüten gilt. Und wer sich ein Bild von „einem der intellektuellsten Modeschöpfer unserer Zeit“, wie ihn die „New York Times“ lobte, machen will, für den ist der inspirierende Modefilm ein absolutes Muss.

Dokumentarfilm
Deutschland, Belgien 2017
Regie: Reiner Holzemer
93 Minuten
ohne Altersbeschränkung

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