Sommerfest

Sommerfest

Ein Schauspieler erinnert sich bei einer kurzen Heimkehr nach Bochum an die ganz großen Gefühle für seine Jugendliebe. Sehr lässig erzählter Heimatfilm mit liebenswert ulkigen Figuren, reichlich Situationskomik sowie ziemlich cleverem Dialogwitz: „Kleine Haie“ lassen grüßen.

„Muss man dich kennen?“, die Frage hört Schauspieler Stefan (Lucas Gregorowicz) häufiger, als ihm lieb sein kann. Er ist nun einmal kein Star, schlimmer noch: Sein aktueller Vertrag am Münchner Theater wurde gerade gekündigt. Immerhin lockt ein neues Casting, Seine Freundin, zugleich die Agentin, jubiliert über den Coup. Stefan hat derweil ganz andere Sorgen. Sein Vater ist unerwartet verstorben. Noch im Bühnenkostüm reist der Schauspieler sofort mit dem Zug nach Bochum. Vor über zehn Jahren hat Stefan seiner Heimat den Rücken gekehrt. Eigentlich will er in spätestens drei Tagen die Formalitäten der Beerdigung erledigt haben. Doch die Rückkehr in das elterliche Bergarbeiterreihenhäuschen gerät zum nostalgischen Trip mit ungeahnten Folgen. Die alten Freunde im Pott sind hart aber herzlich wie eh und je. „Omma“ Anne, die ihren kleinen Kiosk resolut gegen bewaffnete Ganoven verteidigt. Sein geschwätziger Kumpel Toto, der ewige Versager. Diggo, das grobe Großmaul mit goldenem Herzen. Oder der frustrierte Frank, der mit dem Job als Museumsleiter der ehemaligen Zeche so unglücklich ist wie mit seiner Ehe. Last not least ist da noch Charlie (Anna Bederke), Stefans große Jugendliebe.

Mit großer Fabulierlust sowie spürbarem Herzblut erzählt Sönke Wortmann (zugleich Drehbuchautor) von seinen bisweilen schrägen, aber allemal liebenswerten Ruhrpott-Typen. Tragik und Komik liegen dabei nicht nur bei seinem geplagten Helden oft haarscharf nebeneinander. „Ich bin Mandy - dabei komm’ ich nicht mal aus dem Osten!“, klagt etwa jener Teenager, die den ungeliebten Namen der Barry-Manilow-Liebe ihrer Mutter verdankt. In einer anderen Szene glotzen vier fettleibige Kinder apathisch ein Fitness-Programm im Fernsehen. Vor einem Vierteljahrhundert schickte der Regisseur in „Kleine Haie“ seinen Helden vom Ruhrgebiet auf die Schauspielschule nach München. Diesmal geht die Reise in die umgekehrte Richtung - und präsentiert sich mit der erfrischenden Leichtigkeit von einst. Im Revier kennt sich der Sohn eines Bergmannes bestens aus. Wortmann weiß, wie diese Menschen ticken. Da stimmt jeder Dialog punktgenau. Derweil die gängigen Klischees vergnüglich jongliert und dann gebrochen werden. Um es mit dem charmanten Versager Toto zu sagen: „Storys, ehrlich, wo du hinguckst. Die liegen praktisch auf der Straße, die musst du nur aufheben!“ - wer bis zum Ende des Abspanns wartet, bekommt als Belohnung noch dessen Lieblingswitz zu hören.

Deutschland 2017
Regie: Sönke Wortmann
Darsteller: Lucas Gregorowicz, Anna Bederke, Nicholas Bodeux
92 Minuten
ohne Altersbeschränkung

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