Eine fantastische Frau – Una Mujer Fantastica

Der Film stellt eine Frau in den Mittelpunkt, die einst ein Mann war und nun versucht, ein ganz normales Leben zu führen. Doch wie schwierig das Leben als transsexuelle Person ist, beschreibt Regisseur Sebastián Lelio in seinem herausragenden Film.

Einen Film ohne Vorwissen sehen zu können ist ein seltenes Vergnügen und sorgt bei einem Film wie Sebastián Lelios "Una Mujer Fantastica" für eine besonders interessante Seherfahrung: Ein Mann in den 50ern, Orlando (Franciso Reyes) geht da in eine Bar, bestellt sich einen Drink und beobachtet ein weibliches Wesen, deutlich jünger, die ein schmachtendes Liebeslied singt. Man tauscht Blicke aus, kennt sich offenbar und wenig später betreten Orlando und Marina (Daniela Vega) eine Wohnung, küssen sich, werden Sex haben. Nachts wacht Orlando auf, hat Schmerzen, mühsam bringt Marina ihn ins Krankenhaus, doch zu spät: Orlando stirbt, Marina ist schockiert, versucht die Angehörigen zu benachrichtigen, doch hier beginnen die Irritationen: Orlandos Geliebte scheint sie gewesen zu sein, Orlandos Sohn weiß von ihr, doch erklärt das seine ungewöhnliche Reaktion? Und als ein Arzt, der Marinas Personalien aufnimmt, bei einem Blick auf den Ausweis stutzt und sie mit "er" anredet ist klar, was an der Beziehung zu Orlando und Marina so besonders war: Marina wurde als Mann geboren und ist nun eine Frau. Eine sehr starke Frau muss Marina im Folgenden sein, eine geradezu übernatürlich starke Person, um die Ruhe zu bewahren, um die Würde zu behalten, die ihr von allen Seiten genommen zu werden droht.

Sebastián Lelios hat schon in "Gloria" sein Gespür für einen besonders sensiblen Umgang mit Themen und Bildern bewiesen, die leicht ins Gegenteil umschlagen könnten. Damals war es die neu aufblühende Sexualität einer älteren Frau, hier das Thema Transsexualität. Dabei setzt Lelio die Entscheidung Marinas, als Frau zu leben, als selbstverständlich voraus, so wie es sein sollte, und beschreibt statt dessen auf eindringliche Weise welche Schwierigkeiten weite Teile der Gesellschaft immer noch mit Menschen haben, die auf welche Weise auch immer anders als die breite Masse sind. Für diesen herausragenden, sensiblen Film wurden Lelio und sein Co-Autor Gonzalo Masa zu Recht mit dem Silbernen Bär für das Beste Drehbuch ausgezeichnet.

Chile 2017
Regie: Sebastián Lelio
Buch: Sebastián Lelio & Gonzalo Maza
Darsteller: Daniela Vega, Nestor Cantillana, Alejandro Goic, Pablo Greene, Sergio Hernandez, Nicolas Saavedra
100 Minuten
ab 12 Jahren

Bild

Spielzeiten: