Lady Macbeth

Im Norden Englands, Mitte des 19. Jahrhunderts, heiratet die junge Katherine (Florence Pugh), besser gesagt: Sie wird verheiratet, denn für die Eheschließung ist ihre Meinung irrelevant. Ihr Gemahl ist Alexander (Paul Hilton), der Katherine in der Hochzeitsnacht bestimmend auffordert, sich auszuziehen, sie begutachtet wie jedes andere Tier auf seinem Hof, um sich dann wortlos ins Bett zu legen und ihr den Rücken zuzukehren. An Frauen hat er kein Interesse, Katherine dafür an Männern und so beginnt sie bald eine Affäre mit dem Stallburschen Sebastian (Cosmo Jarvis), der nicht nur aus einer niedrigen Klasse ist, sondern auch noch schwarz. Immer intensiver wird die Affäre, die dank einer längeren Abwesenheit von Alexander blüht, jedoch niemandem verborgen bleibt. Um ihre neu gefundene (sexuelle) Freiheit in der patriarchalischen Welt, in der sie gezwungenermaßen lebt, zu verteidigen, ist Katherine bald jedes Mittel recht.

Mitte des 19. Jahrhunderts waren Variationen von Shakespeares Dramen, verlegt in das Zarenreich, beliebtes Sujet russischer Autoren. Iwan Turgenew schrieb etwa „Ein König Lear der Steppe“ und Nikolai Leskow „Die Lady Macbeth von Mzensk“, die nun wieder der Theaterregisseur William Oldroyd zurück nach Großbritannien verlegt. Allerdings bezeichnenderweise nicht wie Shakespeares Drama in die schottischen Highlands, sondern in den Norden Englands, ein erster Hinweis auf die Intentionen dieser Adaption. Das Hauptmotiv ist auch hier die Unterdrückung der Frauen, die praktisch rechtlose Wesen sind, nach Gutdünken der Männer verheiratet und benutzt und in jeder Hinsicht ihrer Freiheit beraubt werden. Eingesperrt in ein zwar weitläufiges, aber kaltes und dunkles Herrenhaus lebt Katherine, der immer wieder explizit untersagt wird, nach draußen zu gehen, zu spazieren, sich in der Natur aufzuhalten, als würde der Kontakt zu den Elementen ihre animalischen Triebe wecken. In gewisser Weise bewahrheitet sich diese Befürchtung auch, doch die Folgen, so wie Oldroyd und seine Drehbuchautorin Alice Birch schildern, sind vielfältig. Konnte man die Lady Macbeth in Leskows Geschichte noch als Opfer einer patriarchalischen Gesellschaft verstehen, die durch die Unterdrückung von Seiten der Männer zu ihren Taten getrieben wurde, ist sie bei Oldroyd eine deutlich ambivalentere Figur. Ihre zunehmende Freiheit nutzt Lady Macbeth auf eine Weise, die sie am Ende kaum von den Männern unterscheiden lässt, gegen die sie sich einst auflehnte.

Großbritannien 2016
Regie: William Oldroyd
Darsteller: Florence Pugh, Cosmo Jarvis, Christopher Fairbank
89 Minuten
ab 12 Jahren

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