Der Mann aus dem Eis

Das Sensationelle des Ötzi-Funds liegt in der natürlichen Konservierung des Frühmenschen im Eis – im Gegensatz zu den chemisch behandelten Mumien aus Ägypten. Auch Teile der Kleidung und Ausrüstung, darunter ein Kupferbeil und ein Feuerstein, blieben über die Jahrtausende erhalten. Eine bei Röntgenaufnahmen entdeckte Pfeilspitze im linken Schulterblatt lässt darauf schließen, dass der Mann von hinten durch einen Pfeilschuss getötet wurde. Außerdem zeugen Kampf- und Abwehrspuren von einem Nahkampf, den Ötzi vermutlich wenige Stunden vor seinem Tod austrug. Die Frage, was genau der Mann vom Tisenjoch in den Stunden und Tagen vor seinem Tod erlebte und warum er ermordet wurde, kann die seriöse Wissenschaft freilich kaum klären. Angeregt von einem „Stern“-Artikel beackerte der Filmemacher Felix Randau die Forschungsgeschichte und entwickelte auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse ein fiktives Szenario.

Im Film trägt der Ötzi den Namen Kelab und wird vom deutschen Schauspielstar Jürgen Vogel verkörpert, der sich schon mit seiner geringen Körpergröße und der markanten Zahnlücke für den Part empfiehlt. Kelab wird als spiritueller Führer einer kleinen neolithischen Siedlung eingeführt, wo er mit Frau und Kindern lebt. Sein Clan lebt in Holzhütten, hält Ziegen und Schweine und macht Feuer. In der Exposition stellt Felix Randau die Lebensweise der Frühmenschen vor und inszeniert den Stoff als stilles Naturdrama im jungsteinzeitlichen Setting. Umso heftiger wirkt der brutale Überfall dreier Männer auf die Siedlung. Die Angreifer töten Kelabs Familie, brennen die Hütten nieder und stehlen einen wertvollen Stammesschatz. Ab dem grausamen Überfall funktioniert der Ötzi-Film wie ein gradliniger Rachewestern, der einige Parallelen zu „The Revenant“ aufweist. Das oft bemühte Klischee, die Landschaft eines Films als zweiten Protagonisten zu bezeichnen, passt hier wie die Faust aufs Auge. Dafür sorgen allein schon die auf der Tonspur hochgepegelten Naturgeräusche und das omnipräsente Pfeifen des Winds. Der Kameramann Jakub Bejnarowicz („Feuchtgebiete“) filmt das Hochgebirge an den Südtiroler Drehorten nicht in romantischen Heimatfilmmotiven, sondern als das, was die Natur für die Menschen der Jungsteinzeit bedeutete: Eine Gefahr für Leib und Leben.

Deutschland, Italien, Österreich 2017
Regie: Felix Randau
Darsteller: Jürgen Vogel, André Hennicke, Susanne Wuest, Franco Nero, Sabin Tambrea, Martin Schneider, Paula Renzler, Nora Pider, Ann-Birgit Höller
Laufzeit: 96 Minuten
ab 12 Jahren

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