Wildes Herz

Mitreißend und voller Energie porträtiert „Wildes Herz“ die beliebtesten Punk-Rocker aus dem Norden, „Feine Sahne Fischfilet“. „Ein Film, der die Körper zum Tanzen bewegt und gleichzeitig zum Denken und Handeln anregt

„Monschi“ ist unverkennbar ein Original – und mit seiner wuchtigen, charismatischen Statur wie prädestiniert für den Posten eines Leadsängers. Doch eine solche Karriere hätte der Dreißigjährige aus dem ostdeutschen 3.000-Seelen-Ort Jarmen sich nicht träumen lassen, sie war noch nicht mal eine gedankliche Option. Auch die Grundschullehrerin und der Dorfpfarrer können bestätigen, dass Musikalität und Taktgefühl nicht gerade die Stärken des kolossalen Energiebündels waren. Aber schon auf den frühen Home-Videos seiner Eltern sind dafür Monchis Untrüglichkeit und Eigensinn zu erkennen, die so viel von dem ausmachen, was „Feine Sahne Fischfilet“ heute vertritt. Dabei war gerade diese um die Wende herum geborene Generation vielen Verunsicherungen ausgesetzt. Landflucht, Arbeitslosigkeit und Entsolidarisierung bestimmen die Lebensumstände der Jungs, die schon früh mit rechtsextremen Tendenzen in ihrem nahen Umfeld konfrontiert wurden. „Gehen oder Bleiben“ heißt nicht umsonst eine ihrer Platten und formuliert gleichzeitig auch eine Frage, die sich die meisten Jugendlichen in einer solchen Perspektivlosigkeit stellen, auch wenn die raue nordische Landschaft ihre ganz eigene Schönheit aufweist.

Charlie Hübner („3 Tage in Quiberon“) wechselt gekonnt ins Regie-Fach und verfügt als Neustrelitzer selbst über genug Feingefühl und Kenntnis der mecklenburg-vorpommerischen Eigenheiten. Das Herz des Films gehört ganz und gar dem Frontmann von „Feine Sahne Fischfilet“ und seinem engagierten Feldzug gegen den Durchmarsch der AfD, parallel zum Landtagswahlkampf 2016. Das Besondere an Monschi und seiner Musik ist vielleicht seine bedingungslose Heimatverbundenheit, die ihn im Feuilleton schon mal etwas Misstrauen kostete. Doch es sind eben keine identitären Konzepte und Ausschließlichkeiten, die seinen Begriff von Heimat ausmachen, sondern eine Form von Solidarität, die sich auf Offenheit beruft. Eine politische Botschaft, die Monschi, neben der Musik auf seinen Konzerten, auch als Diskurs neben der Bühne weiterführt. Vielleicht ist das nicht immer die Form der differenzierten Debatte, die sich das bürgerlich-intellektuelle Publikum unter Politik vorgestellt hat, wenn es die feiernden, halbnackten Jugendlichen sieht. Aber es macht gerade für diese einen echten Unterschied, ob jemand da ist, der sie abholt und gleichzeitig deutlich macht, dass es auch anders geht.

Dokumentarfilm
Deutschland 2017
Regie: Charly Hübner
90 Minuten
ab 12 Jahren

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