Werk ohne Autor

Der Werdegang eines Künstlers, erzählt über mehrere Epochen. Geschichtsepos von Florian Henkel von Donnersmarck („Das Leben der Anderen“), das durch sein sensationelles Ensemble besticht

Im Zentrum der Handlung steht der angehende Maler Kurt Barnert (als Kind Cai Cohrs, später Tom Schilling). Ende der 1930er-Jahre muss er als kleiner Junge mit ansehen, wie seine an Schizophrenie erkrankte Tante Elisabeth (Saskia Rosendahl) zu Hause abgeholt und in eine Psychiatrie zwangseingeliefert wird. Die Tante wird Opfer des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten. Der Verlust der Tante und die Kriegsschrecken prägen das Leben des Protagonisten. In der DDR der 1950er erhält der nun Anfang-20-Jährige einen Studienplatz an der Kunstakademie, wo der sozialistische Realismus den Ton angibt. Kurt kommt mit der Modestudentin Ellie (Paula Beer) zusammen, die seiner toten Tante zum Verwechseln ähnelt. Deren strenger Über-Vater ist ausgerechnet der „Krankenmörder“ Seebald, der einem Prozess entging und nach wie vor als Klinikdirektor arbeitet. Kurt weiß nicht um die dunkle Vergangenheit des Schwiegervaters, doch die Konflikte schwelen auch so und beeinflussen Kurts Arbeit als Maler entscheidend mit...

Es spricht für das Drehbuch von Donnersmarck, dass die vielen Informationen in sehr verdichteter Weise transportiert werden. Trotz Überlänge wirkt das Kinodrama bündig erzählt, ohne Längen, Stillstand oder Wiederholungen. Der groß angelegte Plot führt durch drei Epochen und drei politische Systeme, sucht und findet die historischen Verbindungslinien und die zeitlosen Aspekte des Stoffs in privaten, vielgestaltigen Personenkonstellationen. Die ausgewählte Besetzung trägt maßgeblich zur Emotionalität der Schilderung bei. „Werk ohne Autor“ wirkt lange nach. Ein Clou ist, dass viele Entwicklungen und die zentralen Konflikte nie eindeutig ausbuchstabiert werden. Die zwischenzeitigen Thriller-Elemente und die Familienhölle brodeln fortwährend unter der Oberfläche. So erweist sich Donnersmarck als sicherer Geschichtenerzähler, der auf altmodische, nichtsdestotrotz effektive Weise inszeniert und punktgenaue Drehbücher schreibt. Falls solche Kinoepen irgendwann wirklich nicht mehr in den Startlisten stehen, wäre dies ein herber Verlust.

Deutschland 2018
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Darsteller: Tom Schilling, Sebastian Koch, Paula Beer
189 Minuten
ab 12 Jahren

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