Utoya 22. Juli

Minutiöse Aufarbeitung des schlimmsten Terrorangriffs, der Norwegen vor genau sieben Jahren heimgesucht hat.

Gegen halb vier am 22. Juli 2011 explodierte im Osloer Regierungsviertel eine Bombe und tötete acht Menschen. Zwei Stunden später fiel auf der vor der norwegischen Küste gelegenen Insel Utoya der erste Schuss, abgefeuert von Anders Behring Breivik, der in den nächsten Minuten insgesamt 69 Menschen tötete, die meisten unter 20 Jahre alt, Schulkinder, die für ein Ferienlager auf der Insel weilten. Wie diese Jugendlichen die Minuten der Angst erlebten, wie sie mitansehen mussten, wie Freunde ermordet wurden, wie sie verzweifelt versuchten, sich zu retten, irgendwo ein Versteck zu finden, in Todesangst ausharrten, bis endlich die Polizei auf der Insel eintraf, um Breivik festzunehmen, das ist das Thema von Erik Poppes „Utoya 22. Juli.“ Die Form, die Poppe, der bislang eher Melodramen wie „Tausendmal gute Nacht“ oder historische Stoffe wie The Kings Choice – Angriff auf Norwegen gedreht hatte, dabei wählt, ist die einer immersiven, ungeschnittenen Einstellung.

Nach ein paar Dokumentaraufnahmen, die den Bombenanschlag in Oslo zeigen, schneidet der Film auf die Insel, wo seine Hauptfigur Kaya (Andrea Berntzen) zusammen mit Schulfreunden gerade ihr Zelt einrichtet. Doch per Handy erfahren die Schüler erste Nachrichten vom Anschlag in der Hauptstadt, im Fernsehen laufen Bilder, die ein Bild des Chaos vermitteln, doch bevor die Nachricht sacken kann, geht das Grauen schon los: Schüsse hallen über die Insel, in Panik wegrennende Jugendliche lassen keinen Zweifel daran, was sich hier anbahnt. Im folgenden bleibt die mobile Kamera von Martin Otterbeck immer ganz nah bei Kaya, rennt mit ihr weg, versteckt sich mit ihr, liegt mit ihr hinter Büschen und auf dem Waldboden, blickt mal minutenlang in ihr verzweifeltes Gesicht, bleibt mal unbarmherzig auf der blutigen Wunde eines Schulfreundes hängen. Technisch betrachtet ist das fraglos eindrucksvoll, eine bemerkenswerte Koordinationsleistung, auch schauspielerisch überzeugend, gerade von Andrea Berntzen, die fast in jedem Moment im Bild zu sehen ist.



Norwegen 2018
Regie: Erik Poppe
Buch: Anna Bache-Wiig & Siv Rajendram Eliassen
Darsteller: Andrea Berntzen, Aleksander Holmen, Brede Fristad, Elli Rhiannon Müller Osbourne, Sorosh Sadat
92 Minuten

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