Loro - Die Verführten

Silvio (Toni Servillo) ist nicht mehr Ministerpräsident. Doch im italienischen Politikgeschäft, in dem die Posten oft so schnell wechseln wie beim Bäumchen-Wechsel-Dich Spiel bedeutet das nicht viel. Und so plant Silvio schon die Meuterei gegen die aktuelle Regierung, versucht Abgeordnete auf seine Seite zu bringen und zu intrigieren und vergisst dabei nicht das, was ihm am meisten Vergnügen zu bereiten scheint: Mondäne, ausschweifende Partys in seiner Villa auf Sardinien, auf denen zahllose junge, leicht bekleidete Schönheiten um seine Gunst buhlen. Das Verlangen Silvios nach einem nie versiegenden Fluss junger Frauen ruft auch den schmierigen Zuhälter Sergio (Riccardo Scamarcio) auf den Plan, der in der italienischen Gesellschaft aufsteigen und Karriere machen möchte. Um Silvios Aufmerksamkeit zu erregen, mietet er auf Sardinien, in Sichtweise von Silvios Villa, ein Anwesen und lädt Dutzende junger, williger Frauen ein, die sich präsentieren sollen, um Sergio den Einstieg in Silvios Welt zu ermöglichen.

Hieß Paolo Sorrentions Film über den zutiefst umstrittenen Giulio Andreotti noch „Il Divo – Der Göttliche“ - natürlich ironisch gemeint – schmückt die vorgebliche Hauptfigur seines neuen Films noch nicht einmal den Titel. Mit „sie“ lässt sich „Loro“ übersetzen, womit die Menschen gemeint sind, die Silvio umschwirren, die ihn bewundern, die ihn trotz allem immer wieder zu ihrem Ministerpräsidenten gewählt haben, also weite Teile der italienischen Gesellschaft. Silvio (der im Film nie Berlusconi genannt wird) steht somit zwar im Mittelpunkt dieses Films, ist aber nur bedingt sein Zentrum. Gut 45 Minuten dauert es in dieser internationalen Fassung des Films, der in Italien als Zweiteiler ins Kino kam, dann auch, bis Silvio selbst auftaucht. Bis dahin war nur von ihm die Rede, schwebt er über den Ereignissen, bestimmte er das Tun seiner Mitbürger, auch ohne selbst in Erscheinung zu treten. Toni Servillo, der mit dickem Make-Up wirkt wie eine Karikatur Berlusconis, liefert erneut eine brillante Performance ab.

Italien 2018
Regie: Paolo Sorrentino
Buch: Umberto Contarello & Paolo Sorrentino
Darsteller: Toni Servillo, Elena Sofia Ricci, Riccardo Scamarcio, Kasia Smutniak
157 Minuten
ab 12 Jahren

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