Vom Lokführer, der die Liebe suchte...

Ein Lokführer sucht nach der Besitzerin des BHs, der sich in seiner Lok verfangen hat.Eine märchenhafte Geschichte ganz ohne Dialoge, dafür mit Witz, Situationskomik und Melancholie.

Der Lokführer Nurlan (Miki Manojlovic) steht kurz vor der Pensionierung. Ein paar Mal noch die Lok durch die schmalen Gassen des aserbaidschanischen Dorfes steuern, in dem er lebt, dann kann er seinen Lebensabend genießen. Allerdings allein, denn Nurlan findet keine Frau. Doch bei seiner letzten Fahrt geschieht etwas Merkwürdiges: Bei der Fahrt durch die Gassen, wo die Menschen ihre Wäsche über der Bahnlinie aufgespannt haben, oft auf den Gleisen sitzen und erst im letzten Moment zur Seite springen, wenn der Zug vorbeirauscht, verfängt sich ein Büstenhalter an der Lok. Er gehört einer unbekannten Frau, die Nurlan einmal schemenhaft gesehen hat, als sein Zug an ihrem Fenster vorbeifuhr. Doch wie Frau und Büstenhalter zusammenbringen? Kurzentschlossen mietet sich Nurlan im Hotel des Vororts ein und macht sich auf die Suche...

Statt Aschenputtels Schuh ist es in Veit Helmers märchenhaftem Film also ein Büstenhalter, mit dem die Angebetete gefunden werden soll. Allein dieses Konstrukt mutet schwierig an, zumal Helmer seinen nach Liebe Suchenden bisweilen in Situationen schickt, die streng genommen als sexuelle Belästigung bezeichnet werden müssen, etwa wenn Nurlan des Nachts in das Zimmer einer schlafenden Frau einsteigt, um ihre Brüste mit dem BH abzugleichen. Etwas gebrochen wird diese zumindest im Ansatz fragwürdig schlüpfrige Altherrenphantasie durch den märchenhaften filmischen Stil. Denn Helmer verzichtet vollständig auf Dialoge, bedient sich stattdessen eines ausgefeilten Sounddesigns und vor allem der Mimik seiner Darsteller. In satten Farben hat Helmer gedreht, teilweise bewusst Beleuchtungsfehler und Laufstreifen eingebaut, die das digitale Material wirken lassen wie altes, analoges Filmmaterial. Ein zeitloser visueller Stil entsteht dadurch, der ideal zum erzählerischen Ansatz passt, der nicht ganz Stummfilm ist, aber auch kein normaler Dialogfilm. In den besten Momenten mag man hier an die Filme von Tati denken, geprägt allerdings weniger von Satire, als von einer zarten Melancholie, die gerade zum Ende mit einer überraschenden Wendung aufwartet.

Deutschland 2018
Regie: Veit Helmer
Darsteller: Miki Manojlovic, Paz Vega, Maia Morgenstern
90 Minuten
ab 6 Jahren

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