Vice – Der zweite Mann

Bemerkenswerter, unterhaltsamer und nachdenklich machender Spielfilm über den berüchtigten Vize-Präsidenten Dick Cheney (2001-2009) als Ergänzung und Gegenstück zu Michael Moores Dokumentation „Fahrenheit 11/9“

„Vize-Präsident, das ist doch der Mann, der rumsitzt und wartet, bis der Präsident stirbt.“ Eigentlich sind sich Lynne und Dick Cheney, eine Art US-amerikanisches Macbeth-Paar, einig. Diesen Job will der Hinterzimmer-Politiker Cheney nicht annehmen, nachdem er schon unter Nixon sowie Reagan gearbeitet hatte, und auch die Sympathien von Papa Bush genoss. Doch der alte Taktiker wittert seine Chance, als Bush Jr. Hilfe braucht. Wie man das politische System der USA von innen heraus aushebeln kann, hat Cheney schon Jahre vorher geplant. Und so kommt 2001 mit den Anschlägen des 9/11 sein großer Moment. Zuerst ordnet er ohne Genehmigung des Präsidenten Bush das Abschießen von Passagier-Flugzeugen an. Dann startet auf seine Initiative der Überfall auf Afghanistan und später den Irak. Allein der letzte, auf einer Lüge („Massenvernichtungswaffen“) basierende Krieg, kostete 600.000 Menschen aus dem Irak das Leben. Zehntausende mehr starben durch den IS, laut „Vice“ eine direkte Folge der weltpolitischen Interventionen Cheneys.

Diese Karriere eines Massenmörders kommt nun keineswegs moralisch oder stockernst daher. „Vice“ erzählt Politik mit wilder Montage. Hauptdarsteller Christian Bale scheint den Clip-Stil von seinem „American Psycho“ mitgebracht zu haben. Da springen Comics und die Jagd der Löwen aus einem Tierfilm ins Bild. Das Fliegenfischer-Hobby Cheneys ist nicht nur Anekdote, es beschreibt bestens den geduldigen Charakter des abwartenden Politikers. Und wunderbar seine Taktik, wenn er den jüngeren Bush am Haken hat und sich die Vize-Präsidentschaft sichert. Die Politik-Geschichte eines unscheinbaren Mannes, der hinter vier republikanischen Präsidenten zum Monster wird, macht Regisseur Adam McKay - basierend auf Büchern der Journalisten Jane Mayer und Barton Gellman - zur exzellent inszenierten und getimten Farce. Er bringt damit quasi seinen Banken-Krimi „The Big Short“ und die Medien-Absurdität „Der Anchorman“ zusammen. Bemerkenswert, unterhaltsam und nachdenklich machend.

USA 2019
Regie: Adam McKay
Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell, Sam Rockwell
132 Minuten

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