Goliath96



Eine alleinerziehende Mutter kämpft um die Nähe zu ihrem Sohn. Thematisch brisanter, hochaktueller Mix aus Kammerspiel und Mutter-Sohn-Drama, der wichtige gesellschaftliche Fragen aufwirft.

Kristin (Katja Riemann) und ihr Sohn David (Nils Rovira-Munoz) sprechen seit zwei Jahren nicht mehr miteinander, obwohl sie zusammenwohnen. Der junge Mann verlässt sein Zimmer nur, wenn Kristin aus dem Haus ist oder schläft. Diese geht an der Situation allmählich zugrunde. Eine alte Freundin von David erzählt ihr, dass David unter dem Pseudonym „Goliath96“ in einem Drachenbau-Forum aktiv ist. Kurz darauf registriert sie sich dort und schreibt David an. Mit Erfolg: Sein Interesse ist geweckt und tatsächlich werden die Chat-Gespräche zwischen den beiden immer länger - doch Kristin übersieht, welche tragischen Folgen das alles langfristig haben könnte.

„Goliath96“ ist ein Familiendrama der etwas anderen, unkonventionellen Art. Im Mittelpunkt dieses kammerspielartigen Films stehen lediglich zwei Personen, zwischen denen es praktisch im ganzen Film nicht zu einer richtigen Face-to-Face-Kommunikation kommt. Dieser Ansatz ist höchst interessant, zumal er damit auch einer gefährlichen Entwicklung unserer Zeit Rechnung trägt. Einem Phänomen, das durch die neuen Medien und die immer weiter voranschreitende Digitalisierung noch befeuert wird: dem sogenannten Hikikomori. Damit ist die vollständige soziale Isolation gemeint. Allein in Japan sind über 500.000 Menschen betroffen. Die meisten sind junge, männliche Erwachsene - wie David. Die Kamera zeigt lange Zeit nur sein Gesicht, wie es vom Licht des Computer-Bildschirms angestrahlt wird. Nils Rovira-Munoz gelingt es dank eines ausgefeilten, nuancierten Umgangs mit seiner Mimik und Körpersprache dennoch eindrucksvoll, sein Inneres nach außen zu kehren und für den Zuschauer sichtbar zu machen. Ihm gegenüber steht eine herausragende Katja Riemann, die hier eine kaum zu fassende, emotionale Tour-de-Force durchlebt. Ihre Leinwandpräsenz und ihr kraftvolles Spiel tragen den Film.


Deutschland 2018
Regie: Marcus Richardt
Drehbuch: Thomas Grabowsky, Marcus Richardt
Darsteller: Katja Riemann, Nils Rovira-Munoz, Elisa Schlott, Jasmin Tabatabai
90 Minuten

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