All My Loving – Eine Geschichte von drei Geschwistern


Drei voneinander entfremdete Geschwister stecken jeweils in einer verfahrenen Lebenssituation. Ohne forcierte Zuspitzungen inszeniert, erzeugt der Episodenfilm aber dennoch eine intensive Wirkung.

Weil sein Gehör nachlässt, verliert Stefan (Lars Eidinger) seinen identitätsstiftenden Job als Pilot. Statt das wahrzuhaben, hängt der Playboy weiter an seinem alten Leben und streift in einer Pilotenuniform durch Berliner Bars, um Frauen kennenzulernen. Stefans Schwester Julia (Nele Mueller-Stöfen) und ihr Mann Christian (Godehard Giese) leiden derweil am drei Jahre zurück liegenden Tod ihres Sohns. Ein Italienurlaub soll Entspannung bringen, doch Julia lässt ihre komplette Aufmerksamkeit einem verletzten Straßenhund zukommen. Tobias (Hans Löw), der jüngere Bruder von Stefan und Julia, schreibt derweil noch mit Ende 30 an seiner Diplomarbeit und schmeißt den Haushalt mit drei kleinen Kindern, während seine Frau die Finanzen stemmt. Da er von allen Geschwistern vermeintlich am meisten Zeit hat, soll er sich um die pflegebedürftigen, ziemlich widerspenstigen Eltern kümmern.

Das Drehbuch von Edward Berger und der Schauspielerin Nele Mueller-Stöfen stellt einen prägnanten Prolog an den Anfang, der die Geschwister bei einem Restaurantbesuch vorstellt. Darauf folgen drei voneinander getrennte Episoden, die einen Blick in die jeweils schwierigen Leben der Figuren werfen. Die Einheitlichkeit entsteht durch die unaufgeregte und punktgenaue Inszenierung und die Tatsache, dass alle Geschwister voller Zweifel stecken, die sie nach außen hin verbergen. Das wiederum erschwert es ihnen, notwendige Lebensveränderungen vorzunehmen. Sie alle sind nämlich an einem Punkt angelangt, an dem es nicht mehr einfach so weiter gehen kann. Die sorgfältig arrangierten Aufnahmen des Kameramanns Jens Harant und der strikte erzählerische Aufbau schaffen zwar eine gewisse Distanz zu den Charakteren, zugleich wirken die Porträts mit ihrer Nähe zum Alltäglichen aber authentisch. Bei allem Verdruss der Figuren gibt es auch Momente zarter Komik. Edward Berger unterstreicht sein schon in „Jack“ gezeigtes Talent für die Darstellung zwischenmenschlicher Nöte und sein Händchen für die passende Besetzung – und weckt die Neugier auf seinen nächsten Film.


Deutschland 2019
Regie: Edward Berger
Drehbuch: Edward Berger, Nele Mueller-Stöfen
Darsteller/innen: Lars Eidinger, Nele Mueller-Stöfen, Hans Löw, Godehard Giese, Mathilda Berger, Christine Schorn, Manfred Zapatka, Valerie Koch
116 Minuten
ab 12 Jahren

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