Zwischen den Zeilen



Der stetige Wandel, exemplarisch am Buchgeschäft festgemacht, beschäftigt die Hauptfiguren in Olivier Assayas Film, der die Frage stellt, wie man in Zeiten des Wandels bewahrt, was einem lieb ist.

Leonard (Vincent Macaigne) ist ein Autor, dessen Romane man als Auto-Fiktion beschreiben könnte, weil er immer sein Leben und seine Liebschaften nimmt, die er in den Mittelpunkt rückt, aber auch reichlich zynisch damit abrechnet. Seinem Verleger Alain (Guillaume Canet) gefällt das mittlerweile nicht mehr, weswegen er Leonards neues Buch ablehnt. Alains Frau, die Schauspielerin Selena (Juliette Binoche), ist hingegen aus persönlichen Gründen von dem Buch angetan, während Leonards Frau Valerie (Nora Hamzawi) sich politisch engagiert, aber immer anderer Meinung als ihr Ehemann ist. Während die persönlichen Verstrickungen immer mehr überhandnehmen, wird fleißig über den kulturellen und digitalen Wandel diskutiert.

Olivier Assayas fühlte sich von Eric Rohmers „Der Baum, der Bürgermeister und die Mediathek“ aus dem Jahr 1993 inspiriert, der im Kern eine Debatte über die damalige französische Gesellschaft darstellt. Dem folgt der Autor und Regisseur nun mit seiner ganz eigenen Debatte, die zuerst sachlich um die Frage kreist, wie der digitale Wandel jeden Einzelnen trifft, dann aber zusehends persönlicher wird. Es ist ein schleichender Prozess in einem klar strukturierten Film, der einem Theaterstück gleich eine dialoglastige Szene an die andere reiht und sauber voneinander abgrenzt. Rein filmisch gibt es hier nicht viel zu entdecken, in erster Linie ist „Zwischen den Zeilen“ großes Schauspielkino, das mit seinen eleganten Dialogen, aber auch der teils sehr trockenen Darbietung derselben punktet. Vincent Macaigne, der weltfremd mit treudoofem Dackelblick allen Entwicklungen begegnet, ist grandios, das übrige Ensemble aber nicht minder hochwertig. Der Film konzentriert sich auf die Digitalisierung als Sinnbild, das Thema geht aber weit darüber hinaus und gilt in praktisch allen Branchen, aber auch für das Leben selbst, und somit auch für Olivier Assayas. Aber solange er noch immer kleine, intelligente Filme wie diesen machen kann, muss zumindest er sich vor der Zukunft nicht fürchten.



Frankreich 2018
Regie + Drehbuch: Olivier Assayas
Darsteller: Juliette Binoche, Guillaume Canet, Vincent Macaigne, Nora Hamzawi
107 Minuten
ab 6 Jahren

Bild

Spielzeiten: