Ich war zuhause, aber...



Strenges Porträt einer alleinerziehenden Mutter, die damit umgehen muss, dass ihr 13-jähriger Sohn sich von ihr zu lösen beginnt. Angela Schanelec erweist sich erneut als präzise Regisseurin, die genau weiß, was und wie sie erzählen will.

Wollte man sich „Ich war zuhause, aber...“ ganz klassisch über die Handlung nähern, würde sich das ungefähr so anhören: Zusammen mit ihren beiden Kindern Philipp (Jakob Lassalle) und Flo (Clara Möller) lebt Astrid (Maren Eggert) in Berlin. Philipp war gerade eine Woche spurlos verschwunden und ist plötzlich wieder aufgetaucht. An seiner Schule wird gerade Shakespeare inszeniert, Hamlet, weswegen Astrid oft mit einigen Lehrern redet, die ihre eigenen Probleme haben. Außerdem versucht sie ein Fahrrad zu kaufen, von einem Mann mit Kehlkopfkrebs, der sich dadurch nur durch ein Mikrofon verständlich machen kann. Nach und nach stellt sich heraus, dass vor einiger Zeit der langjährige Mann von Astrid verstorben ist, ein Theaterregisseur, der sich mit Fragen der Inszenierung und Authentizität befasst hat. Am Ende sind wieder ein Hase und ein Esel zu sehen, die schon zu Beginn in der Natur beobachtet wurden, bei der Jagd, beim Leben, beim Sein.

Wie stets verzichtet Schanelec weitestgehend auf so etwas wie eine klare Handlung, reiht sie Szenen eher intuitiv als strukturiert aneinander. Basierten frühere Filme wie „Nachmittag“ noch auf klassischen Texten, in jenem Fall einem Stück von Tschechow, war zuletzt „Der traumhafte Weg“ ein Versuch, Kino noch mehr aus dem Korsett konventioneller Narration zu lösen. Was ist Wahrheit, was ist echt, was ist authentisch wird in „Ich war zuhause, aber...“ immer wieder gefragt, meist unterschwellig, manchmal auch direkt, vor allem in der einen, langen Dialogszene, die im Zentrum des Films steht und vielleicht eine Art Schlüsselszene ist. Minutenlang sieht man da wie Astrid auf einen jungen Regisseur einredet, während sie ihr Fahrrad durch die Straßen schiebt. Es geht um den Ansatz des jungen Regisseurs, der tatsächlich behinderte Menschen für eine Inszenierung auf die Bühne geholt hat, um größtmögliche Wahrheit und Authentizität zu erzielen. Immer vehementer hinterfragt und kritisiert Astrid diesen Ansatz und schnell ist klar, dass es ihr hier um weit mehr geht.

Deutschland 2019
Regie: Angela Schanelec
Darsteller: Maren Eggert, Jakob Lassalle, Clara Möller
105 Minuten
ab 6 Jahren

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