Gloria – Das Leben wartet nicht



Die geschiedene Gloria will ihrem langweiligen Leben ein bisschen Lust und Liebe abtrotzen. US-Remake der umwerfenden chilenischen Frauenpower-Feel-Good-Komödie, dieses Mal mit Julianne Moore in der Rolle der resoluten Titelheldin.

„Never can say goodbye“ dröhnt in der Disco und Gloria kann sich tatsächlich nur schwer von der Tanzfläche verabschieden. Hier tanzt der Bär für die geschiedene Frau um die 60, deren Leben sonst eher langweilig ausfällt. Die Telefonate mit den erwachsenen Kindern scheitern stets am Anrufbeantworter. Der psychopathische Nachbar bringt sie um den Schlaf und auch jene Nacktkatze nervt, die sich chronisch in die Küche schleicht. Als willkommener Lichtblick erweist sich da der Flirt mit der charmanten Disco-Bekanntschaft Arnold (John Turturro), einem ehemaligen Marineoffizier, der gleichfalls geschieden ist. Das Duo versteht sich blendend, wären da nicht immer wieder die Anrufe von Arnolds Ex-Frau oder dessen Tochter, die die Idylle trüben...

Wie schon das Original hält auch die Cover-Version mit pfiffiger Cleverness und lässigem Charme die Balance zwischen Melancholie und Komik. Mit wenigen eleganten Federstrichen werden die Figuren psychologisch präzise gezeichnet, ohne sich je in Klischees zu verheddern. Wie zuletzt bei seinem mit dem Oscar prämierten Melodram „Eine fantastische Frau“ erweist sich das chilenische Regie-Talent Sebastián Lelio als glänzender Geschichtenerzähler, der die Leidenswege seiner gepeinigten Heldinnen mit großem Einfühlungsvermögen schildert – und sie als Stehauf-Frauchen am Ende triumphieren lässt. In die „Gloria“-Fußstapfen der grandiosen Pauline Garcia zu treten, scheint eine schier unmögliche Aufgabe. Da kann es eigentlich nur eine geben – und Julianne Moore enttäuscht auch diesmal nicht. Die charismatische Oscar-Preisträgerin hat hinter der großen Brille sichtliches Vergnügen an dieser Figur, die sie perfekt zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke zelebriert. Wenn sie in ihrem Auto aus vollem Herzen „A Little More Love“ von Olivia Newton John mitträllert, dürfte sich im Kino ein bisschen Berlinale-Stimmung von einst breitmachen.

Chile, USA 2018
Regie: Sebastián Lelio
Darsteller: Julianne Moore, John Turturro, Caren Pistorius
102 Minuten

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