Und der Zukunft zugewandt



Unschuldig in einem sowjetischen Gulag gefangen, kehrt eine überzeugte Kommunistin 1952 in die DDR zurück. Sorgfältig inszeniertes Drama als Geschichte über Idealismus und den real existierenden Machtmissbrauch.

Gemeinsam mit Tochter Lydia (Carlotta von Falkenhayn) und ihrem Ehemann wird die junge Antonia (Alexandra Maria Lara) unschuldig in einem sowjetischen Gulag gefangen gehalten. „Noch zwei Jahre, das schaffen wir auch noch“ - ihr Mann schafft es nicht. Mit ihrem schwerkrankem Kind kehrt die Witwe 1952 in die DDR zurück. Im kleinen Fürstenberg sorgt die Partei schnell für eine schöne Wohnung, eine gute Arbeitsstelle sowie die Behandlung von Lydia. Als Gegenleistung erwartet SED-Kreisleiter Silberstein (Stefan Kurt), dass die Genossin strengstes Stillschweigen über ihr erlittenes Leid im sowjetischen Bruderstaat bewahrt. Wie zwei weitere heimgekehrte Opfer stalinistischer „Säuberungsaktionen“, fügt sich die überzeugte Kommunistin der Parteiräson. „Was hinter euch liegt, hat nichts mit Kommunismus zu tun!“, verspricht Genosse Silberstein verheißungsvoll. Mit Stalins Tod kommt es zur kleinen, gleichwohl dramatischen Wende...

Bernd Böhlich, zweifacher Adolf-Grimme-Preisträger und kreativer Vater von TV-Dorfpolizist Horst Krause, präsentierte sich im Kino bislang zwar nur wenig, dafür mit prominenter Besetzung. Überzeugend gerät auch diese Schauspiel-Riege. Vom stets grandiosen Peter Kurth („Herbert“) in der Nebenrolle des Stasi-Verhörers bis zu Alexandra Maria Lara („Der Fall Collini“), die als Idealistin so glaubhaft wie präzise die Balance zwischen Hoffnung und Zerbrochenheit hält und mit kleinen Gesten großes Empathie-Potenzial bietet. Das Drama mag in der Dramaturgie etwas konventionell gestrickt ausfallen. Die gute alte lineare Erzählweise ist freilich per se ja noch nichts Schlechtes, zumal wenn damit Zeit für die Sorgfältigkeit der Inszenierung bleibt. Der vielfache „Tatort“-Macher Böhlich kann auch durchaus Suspense. Als die Stasi überraschend an der Türe klingelt, kommt fast Spannung à la „Der zerrissene Vorhang“ auf. Ein Blick zurück im Zorn. Auf idealistische Hoffnungen für eine bessere Welt und neue Visionen. Auf Abgründe realsozialistischer Apparatschiks. Sowie das Scheitern von Systemen. Eine packende Kinogeschichtsstunde für Diskussionen.


Deutschland 2019
Buch und Regie: Bernd Böhlich
Darsteller: Alexandra Maria Lara, Carlotta von Falkenhayn, Stefan Kurt, Barbara Schnitzler, Karoline Eichhorn, Robert Stadlober, Peter Kurth
108 Minuten
ab 12 Jahren

Bild

Spielzeiten: