Alles außer gewöhnlich

Momentaufnahmen einer privaten Hilfseinrichtung für autistische Menschen. Als notwendige Anklage an das Gesundheitssystem überzeugendes, wuchtig inszeniertes
Drama.

Bruno (Vincent Cassel) ist Leiter einer privaten Hilfseinrichtung, in der Menschen mit schwerem Autismus geholfen wird. Auch wenn sie nicht offizieller Teil des französischen Gesundheitssystems ist, ist Brunos Einrichtung letzte Anlaufstelle für Menschen, denen an anderen Orten nicht geholfen werden kann. Nicht nur, weil ihr Autismus so stark ausgeprägt ist, sondern weil das System es finanziell nicht rentabel macht, ihnen zu helfen. Praktisch Tag und Nacht kümmert sich Bruno um seine Patienten, versucht sie in Wohneinrichtungen unterzubringen oder ihnen sogar zu einem Job zu verhelfen. So etwa Joseph (Benjamin Lesieur), der bei seiner Mutter wohnt und die Neigung hat, in der Metro die Notbremse zu ziehen. Unermüdlich sucht Bruno für ihn eine Stelle. Viel schwieriger ist der Fall des jungen Valentin (Marco Locatelli), der dazu neigt mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen und sich und andere zu verletzen...

So wie auch „Ziemlich beste Freunde“ basiert auch „Alles außer gewöhnlich“ auf einer wahren Geschichte, doch diesmal schildert das Regie-Duo Olivier Nakache & Éric Toledano das Schicksal des realen Vorbilds in fast dokumentarischer Manier. Vincent Cassell ist dabei ideal besetzt als ständig aktiver, dabei von kaum glaublicher Geduld geprägter Bruno, der ganz für seine Berufung lebt, autistischen Menschen zu helfen. Als dramatischer Film überzeugt das nur zum Teil, doch das ist auch nur bedingt das Anliegen von „Alles außer gewöhnlich“, der sich mit Menschen am Rand der Gesellschaft beschäftigt. Auf deren Nöte aufmerksam zu machen, zu zeigen, wie das System einer an sich so reichen Nation wie Frankreich oft versagt, ist ohne Frage ein hehres Anliegen. Wuchtig inszenieren Olivier Nakache und Éric Toledano ihre aus dem Leben gegriffene Geschichte und haben dabei in Vincent Cassell einen in jeder Szene energiegeladenen Hauptdarsteller zur Verfügung, der in jedem Moment die Intention des Films auf den Punkt bringt: Manche sozialen Missstände sind so offenkundig haarsträubend, dass man einfach für einen Wandel kämpfen muss, koste es, was es wolle.

Frankreich 2019
Regie & Buch: Olivier Nakache & Éric Toledano
Darsteller: Vincent Cassell, Reda Kateb, Lyna Koudri, Alban Ivanov, Hélène Vincent, Aloise Sauvage
114 Minuten
ab 6 Jahren

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