Als wir tanzten



Der schwedische Regisseur Levan Akin folgt seinen Wurzeln zurück nach Georgien. Mit seinem meisterhaften Film „Als wir tanzten“ liefert er nicht nur eine intime Milieustudie und Auseinandersetzung mit der Heimat seiner Vorfahren, sondern zugleich auch einen der schönsten und berührendsten Coming-of-Age-Geschichten der vergangenen Jahre.

Der georgische Volkstanz steht nicht nur in altehrwürdiger Tradition, sondern ist im Falle der männlichen Tänzer auch gleichermaßen Ausdruck von Maskulinität. Da fällt der von Statur eher filigrane Merab (Levan Gelbakhiani) etwas aus dem Rahmen und muss sich daher sogar doppelt anstrengen im National Georgian Ensemble, denn seine Tanzschritte und Bewegungen muten federleicht an, und dafür eben weniger viril, energisch und kraftvoll. Nicht genug, dass der Tanzlehrer den jungen Eleven mit Kritik überhäuft, tritt prompt auch der unbekümmerte Irakli (Bachi Valishvili) der Klasse als neues Mitglied bei. Er entwickelt sich zu Merabs stärkstem Konkurrenten und zu seinem größten Begehren.

„Als wir tanzten“ funktioniert einerseits durch einen sublimen Realismus und andererseits über die heimlichen, viel sagenden Blicke des famosen Hauptdarstellers Levan Gelbakhiani, der in den Tanzdarbietungen schlichtweg hinreißt und auch sonst mit ebenso nuanciertem, unaufdringlich-authentischen Spiel begeistert wie einst Timothée Chalamet in „Call Me By Your Name“. Auch ist es, wie schon in Luca Guadagninos Film(en), die eindringliche Inszenierung von Körperlichkeit, die zum dramaturgischen Brennpunkt avanciert. Dies passiert mittels großartiger Tanzsequenzen; Tänzen, in denen sich die inneren Aufrühre des Protagonisten deutlich widerspiegeln und zu desperaten, hoffnungsvollen und schlussendlich befreienden Ausdrucks- und Kommunikationsakten werden.

Der greise, konservative Tanzmentor im Film äußert einmal, dass georgischer Tanz „ein Schrei unserer Gene“ sei und die Wahrung ehrwürdiger Riten und alt tradierter Denkmuster repräsentiert. Dieses kleine Meisterwerk hingegen scheint vielmehr ein aufbegehrender Schrei dagegen.

(Quelle: programmkino.de / Nathanael Brohammer)

Schweden/Georgien 2019
Regie: Levan Akin
Darsteller: Levan Gelbakhiani, Bachi Valishvili, Ana Javakishvili, Giorgi Aladashvili, Tamar Bukhnikashvili
112 Minuten
ab 12 Jahren

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Trailer ALS WIR TANZTEN