Nomadland

Menschen, die freiwillig als Nomaden leben, durch die Weiten der USA ziehen und nach Unabhängigkeit und Freiheit suchen, stehen im Mittelpunkt des Oscar-prämierten herausragenden, poetischen, unprätentiösen Films

Fern (Frances McDormand) ist ein relativer Neuling in der Welt der Nomaden, lange Jahre hatte sie in der Ortschaft Empire gelebt und in der dortigen Mine gearbeitet. Doch nach dem Tod ihres Mannes und der Schließung der Mine musste sich ihr Leben ändern und sie wählte die Straße. „I‘m not homeless, I‘m houseless“ sagt sie einmal, um zu betonen, dass sie sich keineswegs als Obdachlose versteht, sondern als jemand, der freiwillig auf ein Haus oder eine Wohnung, jedenfalls eine feste Bleibe verzichtet. Also auf das, was gemeinhin als erstrebenswertes Ziel im westlichen Kapitalismus gilt. Das Fern keine Kinder hat, macht ihren Entschluss, durch die Weiten Amerikas zu ziehen, fraglos einfacher, vor allem aber ist es der Wunsch nach Freiheit, der sie und die Menschen, denen sie begegnet, antreibt.

Soll man diese Menschen nun bedauern oder bewundern? Ist ihr karges Leben, das immer wieder hart und unbequem wirkt, ein Verlust oder ist ein Leben ohne die Zwänge der Gesellschaft, mit fast völliger Freiheit vielleicht doch ein Gewinn? Regisseurin Chloé Zhao enthält sich jedes Urteils, beobachtet das Leben der Nomaden in ihrem typischen semidokumentarischen Stil, den sie schon ihren ersten Filmen „Songs My Brothers Taught Me“ und „The Rider“ entwickelt hat. So atemberaubend die Landschaften auch sein mögen, Zhao verklärt sie nicht. So harsch die Lebensumstände der Nomaden auch sind, Zhao dramatisiert sie nicht. Voller Empathie für ihre Figuren, deutet sie die Ambivalenz eines Lebens auf der Straße an, die Schwierigkeit, Freundschaften oder gar Beziehungen zu knüpfen und am Leben zu erhalten, der gelegentlich auftauchende Wunsch nach Sesshaftigkeit, aber auch die Schönheit, mit einer Gruppe gleichgesinnter um das Lagerfeuer zu sitzen und Geschichten zu erzählen. Für manchen mag dies ein Alptraum sein, für andere ein Traum, in Zhaos „Nomadland“ ist dieses Leben eine Möglichkeit, die sie mit großer Empathie, aber ohne Kitsch oder Verklärung zeigt.

Quelle: programmkino.de / Michael Meyns

USA 2020
Regie: Chloé Zhao
Buch: Chloé Zhao, nach dem Sachbuch von Jessica Bruder
Darsteller: Frances McDormand, David Strathairn, Gay DeForest, Patricia Grier, Linda May Angela Reyes
110 Minuten

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Trailer NOMADLAND