Walchensee forever



Beinahe 100 Jahre Familiengeschichte aus der Sicht von drei Frauen. Sehr sehenswerte Reise in die Vergangenheit, die viel mit der Gegenwart zu tun hat und mit Fragen, denen sich früher oder später wohl jeder stellen muss.

Seit 1920 existiert das Gasthaus am Walchensee – als Ausflugslokal gegründet und über viele Jahrzehnte geführt von Apa, einer ebenso energischen wie arbeitsamen Wirtin und Urgroßmutter der Dokumentarfilmerin Janna Ji Wonders. Apa übergibt die Geschäfte an ihre einzige Tochter Norma, die ebenfalls bis ins hohe Alter in der Küche steht. Norma verliebt sich in einen Künstler aus Norddeutschland, der sich nach dem Krieg von ihr trennt, wohl auch deshalb, weil ihr in seinen Augen das Gasthaus und die Mutter wichtiger sind als der Mann und die eigenen Kinder. Die beiden Mädchen, Antje und Frauke, wachsen ebenfalls am Walchensee auf, zeigen jedoch keine Neigung für die Gastronomie. Stattdessen zieht es sie in den 60er Jahren in die Ferne – als begabte Musikerinnen touren sie gemeinsam durch Mexiko und die USA...

Lose zusammengehalten vom Walchensee als Ort der gemeinsamen Geschichte entfaltet sich eine Familienchronik, die gleichzeitig typisch und untypisch ist. Typisch, weil wohl in jeder Familie Freude und Trauer, Glück und Unglück dicht beieinanderliegen. Untypisch, weil es tatsächlich über einen Zeitraum von 100 Jahren Bildmaterial gibt und weil die Verbundenheit von mittlerweile vier Generationen hier praktisch für die Ewigkeit festgehalten wird und dabei nicht nur eine Familie gezeigt wird, sondern auch ein deutsches Provinzgeschichtsbuch des 20. Jahrhunderts. Inzwischen ist Janna selbst Mutter einer Tochter, die so etwas wie eine kindlich frische Brise in den Film hineinbringt. Angenehmerweise gelingt es Janna Ji Wonders, ihre eigene Biographie ohne Sentimentalität oder Eitelkeit mit der Handlung zu verknüpfen, auch wenn gelegentlich mal Tränen fließen. Geschickt arbeitet sie mit Dialogen, Briefen und Gesprächen, in denen hauptsächlich Anna und sie selbst zu Wort kommen. Was zunächst so aussieht, als ob Janna die Gelegenheit nutzt, in einem sehr umfangreichen Fotoalbum zu blättern, entwickelt sich allerdings schnell zu einer differenzierten Auseinandersetzung über die Dinge des Lebens, die viel mit dem jeweiligen Zeitgeist zu tun haben.

Quelle: programmkino.de / Gaby Sikorski

Dokumentarfilm
Deutschland 2020
Regie und Buch: Janna Ji Wonders
Kamera: Janna Ji Wonders, Sven Zellner
Musik: Markus Acher, Cico Beck
110 Minuten
ab 6 Jahren

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