Lamb



Einem einsam lebenden Paar erfüllt sich der Kinderwunsch auf ungewöhnliche Weise. Mystery-Horror-Drama, das eigene Wege beschreitet und geschickt ein diffuses Unbehagen heraufbeschwört.

Dass „Lamb“ auch in Deutschland auf die große Leinwand kommt, kann man nur begrüßen. Sieht man im Kino doch viel zu selten unheimliche Filme, die das Publikum nicht andauernd mit aggressiven Schockeffekten traktieren und alle möglichen Entwicklungen lang und breit ausbuchstabieren. Auf einen rätselhaften Einstieg, der zeigt, wie eine Schafherde in einem Stall auf irgendetwas oder irgendjemanden mit Ehrfurcht zu reagieren scheint, führt Jóhannsson den Zuschauer in das eintönig-arbeitsame Leben des Paares María (Noomi Rapace) und Ingvar (Hilmir Snær Guðnason), das mitten im isländischen Nirgendwo einen Bauernhof besitzt. Fast zehn Minuten lang verfolgen wir die täglichen Routinen der Hauptfiguren, ohne dass die beiden miteinander sprechen würden. In der Einsamkeit braucht es offenbar nicht viele Worte.

Die durchaus bedrückend wirkende Schweigsamkeit ist nicht zuletzt Ausdruck eines erlittenen Traumas, das uns der Film nicht entgegenschreit, sondern im Vorbeigehen näherbringt: María und Ingvar haben ihr Kind verloren. Eines Tages staunen die Protagonisten nämlich nicht schlecht, als sie einem Lamm helfen, auf die Welt zu kommen. Dieses Mal ist etwas anders. Das verraten schon ihre ungläubigen Blicke und ihre Entscheidung, das kleine Wesen zu sich ins Haus zu holen und wie ein Baby aufzuziehen. Mit einiger Verzögerung erfährt auch der Betrachter den Grund für das ungewöhnliche Verhalten: Die Kreatur ist eine – tricktechnisch überzeugend umgesetzte – Mischung aus Tier und Mensch. Nach der Enthüllung könnte „Lamb“ ins Lächerliche kippen. Jóhannsson vollbringt aber das Kunststück, sein reichlich absurdes Szenario völlig normal erscheinen zu lassen und mit wahrhaftigen Emotionen aufzuladen. Weil María und ihr Mann nicht an ihrem neuen Familienglück zweifeln, ist man plötzlich bereit, die ungewöhnliche Situation anzunehmen, und freut sich für das leiderprobte Paar, das seinen Schmerz langsam abstreifen kann.

Quelle: programmkino.de / Christopher Diekhaus


Island/Schweden/Polen, 2021
Regisseur: Valdimar Jóhannsson
Drehbuch: Valdimar Jóhansson, Sjón
Darsteller: Noomi Rapace, Hilmir Snær Guðnason, Björn Hlynur Haraldsson, Ingvar Eggert Sigurðsson, Ester Bibi, Theodór Ingi Ólafsson
106 Minuten

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