In Liebe lassen


Der Tod klopft mal wieder an eine Tür, viel zu früh. Dies zu akzeptieren fällt schwer. Der Mutter noch mehr als ihrem erkrankten 40-jährigen Sohn. Auf höchst einfühlsame Weise begleitet der Film den Leidens- und Sterbeprozess über ein Jahr verteilt.

Dr. Eddé ist ein supersympathischer und empathischer Arzt, der sich Zeit nimmt und seine Diagnosen behutsam übermittelt, der Trost spenden, aber auch Mut machen kann. „Wenn die Folgen der Chemie weniger sind als der durch die Krankheit verursachte Schmerz, dann lohnt es sich, über diesen Schritt nachzudenken“, sagt er zu Beginn des Films einmal. Gemeinsames Singen auf der Station oder am Krankenbett gehören ebenfalls zu seinen Methoden, Leid zu lindern oder wenigstens für einen Moment abzulenken von den Schattenseiten des Unvermeidlichen.

Allein ihn auf Leinwand entdecken und erleben zu dürfen, ist ein Ereignis. Wie viele Krawatten der exzellent französischsprechende Mediziner US-libanesischer Herkunft in seinem Schrank hat, man würde es gerne wissen. Im Laufe des Sterbedramas von Emmanuelle Bercot trägt er jedenfalls eine Menge unterschiedlicher und teils auch abenteuerlicher Exemplare, jedes Mal bewusst ausgewählt, um eine persönliche Verbindung zu seinen Patienten aufzubauen. Im Zentrum der Geschichte freilich steht das Verhältnis zwischen der von der Situation sichtbar überrumpelten und überforderten Mutter und dem mitten im Leben stehenden Sohn, einem Theaterregisseur, der sein Schicksal lange nicht wahrhaben will, sich als Versager wahrnimmt, während die Mutter nicht akzeptieren mag, dass sie ihn verlieren wird. Beide erleben eine emotionale Achterbahnfahrt, bei der auch Stationen der Vergangenheit berührt werden und innere, teils noch nicht abgeschlossene Konflikte hochkochen. Insbesondere Benoît Magimel überzeugt dabei durch seine emotionale Wandlungsfähigkeit und springt glaubhaft vom harten Zyniker zum verletzlichen Zeitgenossen, Catherine Deneuve unterstreicht routiniert den Weg einer mit unvermeidlichem Leid konfrontierten Mutter. Im Laufe des Handlungsjahres ruft Dr. Eddé beiden immer wieder ins Gedächtnis, die Zeit zu nutzen und aufzuräumen mit Dingen, die auf das nahende Ende hin den Frieden stören könnten – und die das Loslassen erleichtern.

Quelle: programmkino.de / Thomas Volkmann

Frankreich 2021
Regie: Emmanuelle Bercot
Darsteller: Catherine Deneuve, Benoît Magimel, Cécile de France, Gabriel A. Sara
122 Minuten
ab 12 Jahren

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Trailer IN LIEBE LASSEN