In einem Land, das es nicht mehr gibt



In der Geschichte von Suzie, die in der DDR vom angepassten Mädchen zur Rebellin wird, verknüpft die Regisseurin ihre eigene Autobiographie mit historischen Aspekten und mit dem Lifestyle der End-80er-Jahre.

Susanne, genannt Suzie – ihre Mutter war Suzie-Quatro-Fan – steht kurz vor dem Abitur. Eines Tages wird sie auf offener Straße von Volkspolizisten kontrolliert. Bei der folgenden Durchsuchung findet sich bei ihr ein verbotenes Buch. Sie hat noch Glück im Unglück, denn sie landet dafür nicht im Gefängnis, sondern sie darf sich „in der Produktion bewähren“. Das heißt, sie muss die Oberschule verlassen und wird zwangsweise Lehrling in einem Metallberuf, Fabrikarbeiterin also. Jeden Morgen muss sie mit der Straßenbahn zu der verhassten Fabrik fahren. Dabei wird Suzie, die wehmütig aus dem Fenster schaut, von einem Unbekannten fotografiert und findet wenig später zu ihrer Überraschung ihr Konterfei in der viel gelesenen Zeitschrift „Sybille“ wieder. Daraus entwickelt sich schließlich über mehrere Umwege der Beginn einer Karriere als Model. Und diese Karriere hat Folgen, nicht nur für ihre Ausbildung...

Aelrun Goette erzählt mit viel Sinn für Zeitkolorit eine Geschichte vom Erwachsenwerden in der Wendezeit. Auch sie wurde zufällig als Model entdeckt und ihre Fotos erschienen in der „Sibylle“, die sie als eine Art Alternativvorschlag zum DDR-Sozialismus darstellt: gleichzeitig Vorzeigebetrieb, Imagefaktor und Inbegriff von Freiheit und Vielfalt, aber immer hübsch staatskonform. Aelrun Goettes Alter Ego spielt die junge Marlene Burow, deren blasses Renaissancegesicht mit den ausdrucksvollen, melancholischen Augen den Zeitgeist der späten 80er Jahre widerspiegelt. Aber wenn sie lächelt, geht die Sonne auf. Ihre anfängliche Unsicherheit verschwindet bald und wird durch Selbstbewusstsein und Entschlossenheit ersetzt. Suzies Freundschaft zu Rudi (Sabin Tambrea), einem Rebellen, der gern Frauenkleider trägt und ihr beibringt, auf High Heels zu gehen, wird für sie bald genauso wichtig wie ihre Beziehung zu Coyote, dem verrufenen Fotografen, der es sich so gern mit allen verdirbt. Aber Suzies wahre Liebe gehört der DDR-Subkultur, der Aelrun Goette mit diesem Film ein kleines Denkmal setzt.

Quelle: programmkino.de / Gaby Sikorski

Deutschland 2022
Regie und Drehbuch: Aelrun Goette
Darsteller: Marlene Burow, David Schütter, Sabin Tambrea, Claudia Michelsen, Jördis Triebel, Helene Grass, Sven-Eric Bechtolf, Bernd Hölscher
101 Minuten
ab 12 Jahren

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