In grandiosen Bildern wird die Geschichte eines Baumes und seiner tierischen Bewohner im Wandel der Jahreszeiten erzählt. Diese Reise in die Natur ist nicht nur ein Augenschmaus, sondern auch ein heißer Kinotipp!
Schon die Einstimmung ist sensationell: Es beginnt mit einer Fahrt über Bäume, die im Wind rauschen, das Klopfen eines Spechts gesellt sich dazu, ebenso eine leise Hintergrundmusik, die Kamera nähert sich der Eiche, umkreist sie von allen Seiten. Aus der Nähe werden erste Bewohner sichtbar. Ein Käfer mit einem gewaltigen Rüssel spaziert über einen Ast. Ein Eichhörnchen verlässt sein Nest, eine Maus taucht aus ihrem Bau auf … dann plötzlich: Alarm! Der benachbarte Ameisenhaufen gerät in Aufruhr, die Vögel tschilpen laut, das Eichhörnchen schnuppert aufmerksam. Von fern ist ein Donnern zu hören, und der Himmel verfinstert sich. Damit beginnt eine Geschichte, die vom alltäglichen Leben der Tiere erzählt, häufig aus ihrem eigenen Blickwinkel.
Wie die Tiere über ein Jahr leben, wie sie zusätzlich mit Überschwemmungen, Angriffen und Verfolgungsjagden konfrontiert werden, ist einerseits spannend anzusehen, aber auch technologisch von allerfeinster Qualität. Hier wird nahezu die gesamte aktuelle Trickkiste des Filmschaffens genutzt: von Makroaufnahmen und Super-Zeitraffer bis hin zu den unfassbar guten Animationen. Das Ganze wird untermalt von einem Soundtrack, der mal humorvoll, mal dramatisch, aber immer sehr expressiv durch das Jahr führt: Zu den Paarungsritualen des Rüsselbohrers erklingt der schwungvolle Allzeit-Klassiker „Sway“ von Dean Martin, und der Winter dauert genau eine romantische Händel-Arie. Immer wieder wird der Zauber der Natur in seiner Schönheit und Vielfalt deutlich. Appell und Mahnung zugleich, ohne dass dies auch nur ansatzweise thematisiert wird. Das ist auch gar nicht notwendig. Hier wird der Blick geschult für die kleinen, alltäglichen Wunder, und man kann sich gar nicht sattsehen an den unvergleichlichen Bildern und der wunderbaren Stimmung dieses Films, in dessen Bildern und Klängen sich so richtig schwelgen lässt. Kino pur.
Quelle: programkino.de / Gaby Sikorski
OT: Le chêne
Dokumentarfilm
Land/Jahr: Frankreich 2022
Regie: Michel Seydoux und Laurent Charbonnier
Buch: Michel Fessler und Michel Seydoux
Bildgestaltung: Mathieu Giombini
Musik: Cyrille Aufort
80 Minuten
ohne Altersbeschränkung