Die Linie



Der Film seziert das gestörte Verhältnis einer gleichgültigen, egomanischen Mutter zu ihren Töchtern und thematisiert das Verlangen nach mütterlicher Liebe und stabilen zwischenmenschlichen Beziehungen. Ebenso besonnen wie einfühlsam.

Die 35-jährige Musikerin Margaret (Stéphanie Blanchoud) ist in der Vergangenheit häufiger durch Gewalttätigkeit aufgefallen. Auch Liebesbeziehungen gingen deshalb in die Brüche. Eines Tages greift sie ihre Mutter, die 55-jährige Christina (Valeria Tedeschi), während eines eskalierenden Streits an. Die Polizei muss anrücken, Margaret wird verhaftet. Die Folge des Streits: ein Hörschaden bei Christina. Für die Solo-Pianistin eine Katastrophe. Es wird entschieden, dass sich Margaret dem Haus ihrer Familie nicht mehr als 100 Meter nähern darf – und das für drei Monate. Doch das hält sie nicht davon ab, die Nähe ihrer Familie zu suchen. Sie will sich für vergangene Fehler entschuldigen und sehnt eine Aussöhnung herbei.

„Die Linie“ ist eine filmische Charakterstudie über eine Familie, die von dysfunktionalen Beziehungen durchzogen ist. Im Zentrum steht das komplizierte, angespannte Miteinander zwischen Margaret und Christina. Margaret hat ihr Leben lang um die Anerkennung und Liebe der Mutter gekämpft, doch gelang es ihr nie, zur stets passiven, wenig empathischen Christina durchzudringen. Ihre kleine Schwester, die 12-jährige Marion (hingebungsvoll und entrückt: Elli Spagnolo), zieht eines Tages eine blaue Linie um das Grundstück der Familie – jene Grenze, die Margaret fortan nicht mehr überschreiten darf. Was die labile Frau nicht abhält, diese Demarkationslinie dennoch immer wieder aufzusuchen. Stellvertretend steht diese Linie für jene Barriere, die Margaret immer schon zwischen sich und ihrer Mutter vernahm. Eine passende metaphorische Entsprechung, die die französisch-schweizerische Filmemacherin Ursula Maier hier findet und die letztlich den Film wie ein roter Faden durchzieht. Maier beweist ein gutes Gespür für das Inszenieren mitreißender und emotional gewichtiger Ausbrüche. Ansonsten dominieren in „Die Linie“ allerdings vielmehr die Andeutungen und subtilen Hinweise.

Quelle: programmkino.de / Björn Schneider

Land/Jahr: Schweiz, Frankreich, Belgien 2022
Regie: Ursula Meier
Drehbuch: Ursula Meier, Stéphanie Blanchoud
Darsteller: Stéphanie Blanchoud, Valeria Bruni Tedeschi, Elli Spagnolo, India Hair
103 Minuten

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