Linoleum

Was über lange Zeit wie ein sehr typischer Indie-Film wirkt, wird auf einmal zu viel mehr, wird auf einmal zu etwas sehr Besonderem, auf das man sich einlassen sollte. Verpassen Sie um Hmmels Willen nicht die letzten 10 Minuten!

In einer beschaulichen amerikanischen Kleinstadt fallen plötzlich Objekte vom Himmel. Seltsam, denkt sich auch Cameron Edwin (Jim Gaffigan) als ein Auto neben ihm landet und ein Mann namens Kent Armstrong (ebenfalls gespielt von Jim Gaffigan) aus dem Wrack krabbelt. Eben dieser Kent wird einige Tage später Camerons Fernsehsendung übernehmen, eine skurrile Wissenschaftssendung, die sich Cameron einst mit seiner Frau Erin (Rhea Seehorn) ausgedacht hatte. Doch das ist lange her, Und als wäre das nicht genug, spielen auch noch Camerons an zunehmendem Gedächtnisverlust leidender Vater, dazu eine mysteriöse ältere Frau, die immer wieder auf der Wiese steht und schließlich ein Doktor, der nur scheinbar Rätselhaftes über den menschlichen Geist erzählt...

Was genau der Doktor sagt, soll natürlich nicht verraten werden, die expliziten Fährten, die Colin West in seinem zweiten Spielfilm „Linoleum“ legt, muss man schon selber entdecken. Sofern man nicht von der Atmosphäre eines Films eingelullt wird, der über weite Strecken kaum mehr zu sein scheint als ein Film über einen Mann in der Midlife-Crisis, ein Mann, der an sich ein gelungenes Leben führt, aber sich doch immer wieder fragt, ob nicht doch mehr möglich gewesen wäre. Dass diesem Mann, dem etwas unbeholfenen Cameron, mit Kent ein scheinbarer Doppelgänger gegenübersteht, der jünger, attraktiver und erfolgreicher zu sein scheint, deutet auf eine einfache moralische Konfrontation hin, die zum Glück ausbleibt. Viele Fährten legt Colin West, viele Bälle bringt er ins Spiel, Figuren und Motive, die die zentrale Thematik variieren. All das ist nett anzusehen, würde „Linoleum“ allerdings nicht bemerkenswert machen, wenn nicht die letzten zehn Minuten wären. Welchen narrativen Kniff sich Colin West hier ausgedacht hat, wie er Figuren und Themen auf bewegende, berührende Weise zusammenführt ist spektakulär. Ja, es ist immer etwas unbefriedigend zu hören: Dranbleiben lohnt sich, in diesem Falle stimmt es aber wirklich. Ganz ehrlich!

Quelle: programmkino.de / Michael Meyns


USA 2022
Regie: Colin West
Darsteller: Jim Gaffigan, Rhea Seehorn, Katelyn Nacon, Mike Gaffigan
101 Minuten
ab 12 Jahren

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