Morgen ist auch noch ein Tag

Das Regiedebüt der Schauspielerin Paola Cortellesi thematisiert häusliche Gewalt gegen Frauen, besonders in der Ehe und wies damit “Barbie” und “Oppenheimer” in Italien in ihre Schranken.

Italien, 1946. In einem ganz normalen Wohnblock in Rom lebt Delia (Paola Cortellesi) ein allzu normales Eheleben: Ihr Mann Ivano (Valerio Mastandrea) geht zur Arbeit, Delia kümmert sich um den siechen Großvater und die drei Kinder, zwei kleinere Jungs und die fast erwachsene Marcella (Romana Maggiora Vergano), bessert zusätzlich das stets zu knappe Geld mit allerlei kleinen Jobs auf – und wird bei jeder Gelegenheit von ihrem Mann geschlagen. „Warum gehst du nicht?“ fragt Marcella einmal ihre Mutter, längst weiß die Tochter, was hinter der verschlossenen Tür des elterlichen Schlafzimmers vor sich geht. Aber Delia kann und will nicht einfach verschwinden und ihre Kinder bei Ivano zurücklassen...

Kaum zu glauben, dass es Paola Cortellesi als Hauptdarstellerin, Co-Autorin und Regisseurin in Personalunion gelang, aus diesem Stoff einen geradezu beschwingten, am Ende durch und durch optimistischen Stoff zu machen. Denn das das Thema Gewalt in der Ehe und auch dessen extremste Form Femizid auch im Italien der Gegenwart keineswegs verschwunden ist, zeigte ein Mord, der kurz nach Start von „Morgen ist auch noch ein Tag“ Italien erschütterte. Auch durch die markante schwarz-weiße Fotografie mag „Morgen ist auch noch ein Tag“ wie eine Reminiszenz an den italienisieren Neorealismus erinnern, der in der Nachkriegszeit von sozialen Problemen erzählte. Doch Cortellesi hat ein Stilmittel gefunden, der ihren Film zu etwas ganz anderem macht, der die Gewalt erträglich wirken lässt: Tanznummern. Wenn immer Ivano die Hand erhebt, beginnt Musik zu spielen, bewegen sich Ivano und Delia geschmeidig über das Parkett, werden die angedeuteten Schläge zu choreographierten Bewegungen. Auf dem Papier mag sich das anhören wie die Banalisierung von Gewalt, wie ein Ausweichen vor der harten Realität. Doch das Gegenteil ist der Fall, denn auch wenn die Gewalt nicht zu sehen ist: In Delias Mimik, Gestik, ihrer ganzen Körpersprache ist sie zu spüren, nicht als offene Wunde, sondern als Last auf ihrer Seele.

Quelle: programmkino.de / Michael Meyns

Italien 2023
Regie: Paola Cortellesi
Darsteller: Paola Cortellesi, Valerio Mastandrea, Romana Maggiora Vergano, Emanuela Fanelli, Giorgio Colangeli
118 Minuten
ab 12 Jahren

Bild

Spielzeiten:

Sonntag 28.04.24:12.45 Uhr
Montag 29.04.24:16.10 Uhr (italienisches Original mit dt. Untertiteln)

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