Memory

Bewegende Love-Story der etwas anderen Art.Es geht um Mut und Wut. Um vergeben, verdrängen und verzeihen. Emotionale Achterbahn, die auf gängige Genre-Regeln verzichtet und das Publikum mit voller Wucht trifft.

Eine übervorsichtige Frau will noch nicht einmal den von ihr bestellten Handwerker in die eigene Wohnung lassen. Nach einer Party wird die alleinerziehende Mutter auf dem nächtlichen Heimweg verfolgt und verriegelt zu Hause panisch die Tür. Der Verfolger lauert unbeeindruckt bis zum nächsten Morgen vor dem Hauseingang. Mit wenigen Pinselstrichen zeichnet der mexikanische Autorenfilmer Michel Franco effektvoll die Ouvertüre zu seinem Psychodrama, einer Lovestory der etwas anderen Art. Zunächst wirkt vieles rätselhaft und unverständlich. Je mehr sich allmählich die Story-Nebel lichten, desto eindrucksvoller enthüllt sich ein raffiniertes Beziehungs-Drama um Schuld und Sühne. Um vergessen, verdrängen und verzeihen.

Oscarpreisträgerin Jessica Chastain spielt die unscheinbare Sozialarbeiterin Sylvia, die in New York in einer Einrichtung für psychisch labile Menschen arbeitet. Hinter der gediegenen Fassade freilich lauern Traumata. Ein erster Hinweis ist zum Auftakt Sylvias Auftritt bei den Anonymen Alkoholikern, wo sie stolz 13 Jahre Nüchternheit feiert. Was zur Sucht führte, das wird erst später dramatisch deutlich. Das Rätsel des nächtlichen Verfolgers wird gleichfalls nur scheibchenweise gelüftet. Peter Sarsgaard gibt den mysteriösen Saul, der wie ein verwirrter Stalker wirkt. Doch in diesem Film ist nur wenig so, wie es auf den ersten Blick scheint. Nie kann der Zuschauer sicher sein, welchen Figuren er vertrauen kann. Souverän werden neue Spuren und falsche Fährten ausgelegt. Zur ungewöhnlichen Erzählweise gesellt sich ein faszinierendes Figurenkabinett, dessen schillernde Ambivalenz immer wieder verblüfft und für allerlei Wow-Effekte sorgt. Visuell vermag das ungewöhnliche Drama gleichfalls zu punkten. Als kühler Beobachter verharrt die Kamera gern statisch in der Ferne und hält das Publikum auf Distanz. Wie diese Geschichte ausgeht? Auf jeden Fall endet sie einfach ganz unvermittelt. Mittlerweile gehört das schon zum Markenzeichen des mexikanischen Autorenfilmers Michel Franco. Auserzählte Lovestorys gibt es schließlich wie Sand am Meer.

Quelle: programmkino.de / Dieter Oßwald

USA, Mexiko 2023
Darsteller: Jessica Chastain, Peter Sarsgaard, Merritt Wever, Brooke Timber, Josh Charles
103 Minuten
ab 12 Jahren

Bild

Spielzeiten:

Dienstag 15.10.24:16.45 Uhr
Mittwoch 16.10.24:16.45 Uhr

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