Oslo Stories: Träume

Ein geradezu zeitloser Film, der sich auf ebenso komplexe wie verspielte Weise mit einer ersten großen Liebe und ihren Konsequenzen beschäftigt und dafür mit dem Goldenen Bären der Berlinale ausgezeichnet wurde.

Schon ihre Namen sind fast identisch, nur durch einen unterschiedlichen Buchstaben getrennt. Ist es also Schicksal, was ihr passiert? Oder ist es nur ihr durch die Lektüre vieler Liebesromane geschulter Geist, der ihre Phantasie beflügelt: Später wird die damals 17jährige Johanne (Ella Øverbye) über ihre Emotionen reflektieren, in einem längeren Text, den sie schreibt, um die Erinnerung an ihre erste große Liebe zu bewahren. Ihre neue Lehrerin Johanna (Selome Emnetu) tritt in ihr Leben, unterrichtet Literatur und Kunst, wirkt viel offener, jünger, interessanter als es Lehrer*Innen sonst tun. Vor allem als Künstlerin versteht sich Johanna, die sich von der Aufmerksamkeit ihrer Schülerin geschmeichelt fühlen mag, sie einlädt, ihr das Stricken der Pullover und Schals beizubringen, die sie selbst fast täglich anhat.

In viele Richtungen könnte sich diese Geschichte entwickeln, von Machtmissbrauch oder gar sexuellen Übergriffen erzählen, doch dem norwegischen Regisseur Dag Johan Haugerud geht es um anderes. Viele Themen werden angerissen, die Verantwortung der Lehrerin etwa, der einerseits von der Mutter vorgeworfen wird, Johannes zunehmende Verliebtheit nicht früher erkannt und abgeblockt zu haben, die andererseits auch selber ein wenig überrumpelt wirkt, als ihr offenbart wird, das sie nun literarische Gestalt in einem Text von Johanne wird. Auch wenn sich der Ansatz Haugeruds akademisch anhören mag, könnte das filmische Ergebnis nicht weiter von einem trockenen Film entfernt sein. Der zweite Teil einer losen Trilogie aus Filmen, die vor allem durch den Schauplatz Oslo verknüpft sind, überzeugt als leichtes Spiel über Themen, die auch schwer, um nicht zu sagen prätentiös verhandelt werden könnten. Unterschiedliche Auffassungen über die Form von Feminismus, #metoo, künstlerische Ambitionen, aber vor allem die zarten Gefühle einer ersten großen Liebe: Mit großer Leichtigkeit und geschliffenen Dialogen führt Dag Johan Haugerud diese Themen in „Oslo Stories: Träume“ zusammen, ein mehr als verdienter Gewinner des Goldenen Bären.

Quelle: programmkino.de / Michael Meyns

Norwegen 2024
Regie: Dag Johan Haugerud
Darsteller: Ella Øverbye, Selome Emnetu, Ane Dahl Torp
110 Minuten
ab 6 Jahren

Bild

Spielzeiten:

Freitag 16.05.25:16.30 Uhr
Dienstag 20.05.25:16.30 Uhr

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